Photovoltaik-Überdachung für die Autobahn:

Den Straßenbelag schützen und gleichzeitig Strom produzieren?

von Moritz Hell

Die Straße als Fläche für Photovoltaikmodule zu nutzen, hat man sich bereits überlegt. Ein Forschungsprojekt unter der Leitung des Austrian Institute of Technology (AIT) untersucht nun einen umgekehrten Ansatz: Was wäre, wenn die Straße überdacht ist – und die Überdachung mit Solarpanelen ausgestattet wird?

Wien – Die Energiegewinnung durch Photovoltaik (PV) gehört zu den Schlüsseltechnologien zur Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energiequellen an der Primärenergieproduktion. Der Einsatz dieser Technologie in großem Maßstab setzt jedoch die Verfügbarkeit entsprechender Flächen für die Installation von Photovoltaikmodulen voraus. Diese Flächen stünden im Bereich des hochrangigen Straßennetzes zur Verfügung, werden jedoch bisher kaum für solare Nutzung in Betracht gezogen.

Wenngleich die prinzipielle Umsetzbarkeit im Rahmen mehrerer Projekte in Österreich, Deutschland und der Schweiz belegt werden konnte, so ist der Einsatz von Photovoltaik im Straßenraum derzeit oft auf die Energieversorgung naher Verbraucher fokussiert – beispielsweise bei der Energieversorgung von Rastplätzen und Tunnelbeleuchtungen. Allerdings hat eine Solaranlage in Form einer Überdachung von befahrenen Verkehrsflächen neben der eigentlichen solaren Energiegewinnung und der Mehrfachnutzung der Fläche auch potentiell weitere positive Implikationen: Dazu gehören vor allem der Schutz der Straßenoberfläche vor Niederschlägen und Überhitzung, die dadurch erhöhte Lebensdauer der Fahrbahndecke und der durch geeignete Konstruktionen erreichbare zusätzliche Lärmschutz.

Untersuchung des Mehrwerts und der Praxistauglichkeit einer PV-Überdachung

Im Rahmen des vom AIT geleiteten Projektclusters »PV-Süd« stehen nun zwei Forschungsfragen im Zentrum: Einerseits wird untersucht, ob eine PV-Überdachung der Fahrbahn neben der Energiegewinnung den erhofften Mehrwert für den Straßenerhalter bietet, wie beispielsweise die Schonung der Fahrbahndecken, andererseits geht das Konsortium der Frage nach, ob die solare Nutzung des Straßenraums praxistauglich und ins bestehende Erhaltungsmanagement integrierbar ist, etwa in Bezug auf Wartung oder Schneeräumung.

Gemeinsam mit den Projektpartnern Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und Forster Industrietechnik GmbH wird im ersten Teil des Projekts ein Entwurf für einen Prototypen einer derartigen PV-Straßenüberdachung ausgearbeitet. Dabei werden ein entsprechend angepasstes Photovoltaikkonzept für die Anwendung geeigneter Module und eine dazu passende Tragkonstruktion entwickelt, die alle Sicherheitsanforderungen erfüllt und möglichst viele der gewünschten positiven Nebeneffekte realisiert. Dieser Prototyp soll dann im zweiten Teil des Projekts als Demonstrator erstellt, mit Messtechnik ausgerüstet und ein Jahr lang im Betrieb wissenschaftlich begleitet werden. So können die ForscherInnen untersuchen, wie eine derartige Konstruktion den vielfältigen Anforderungen im hochrangigen Straßennetz gerecht werden kann – beispielsweise in Bezug auf Entwässerung, Wind- und Schneelasten, Standsicherheit und Anprallsicherheit, Wartungsmöglichkeiten und Verkehrssicherheit. Auch die Zuverlässigkeit und Dauerhaftigkeit der PV-Elemente und der Tragkonstruktion, ihre statische Eignung sowie ihr effizienter Einsatz sind wesentliche Aspekte der Forschungsarbeit.

Gebündelte AIT-Kompetenz in einem breit aufgestellten Konsortium

Das AIT ist für die Gesamtkoordination des Projekts verantwortlich und bündelt für dieses Pilotprojekt die Kompetenzen aus unterschiedlichsten Forschungsbereichen. Mit der Competence Unit Photovoltaic Systems des AIT Center for Energy und dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme sind zwei in Österreich und Deutschland führende Forschungsinstitute auf dem Gebiet der Photovoltaik an PV-Süd beteiligt. Damit ist sichergestellt, dass sowohl der aktuelle Stand der Technik und Forschung im Bereich Photovoltaik wie auch die Erfahrung beider Institute mit der Realisierung innovativer Konzepte in das Projekt einfließen werden.

Als wesentliches Projektziel gilt die Analyse der Effekte über die solare Energiegewinnung hinaus. So stellt die Competence Unit Transportation Infrastructure Technologies des AIT Center for Mobility Systems ihre Erfahrung mit der Analyse der Eigenschaften von Komponenten der Verkehrsinfrastruktur wie Fahrbahnoberflächen, Lärmschutzwänden, Brücken oder Stützwänden sowie Verkehrssicherheit in den Dienst des Projekts. Auch die Gesamtkoordination von PV-Süd liegt beim Center for Mobility Systems. Forster International, in diesem Projekt vertreten durch Forster Industrietechnik, bringt große Erfahrung im Bereich Verkehrstechnik und Stahlbau sowie bautechnische Planung, Umsetzung und Montage von Konstruktionen neben und über Straßen ein und ist in diesem Bereich sowohl in Österreich als auch in Deutschland vertreten.

Projektleiter Manfred Haider vom AIT Center for Mobility Systems: „Mit der PV-Überdachung sollen insbesondere folgende Ziele erreicht werden: Erstens, Energiegewinnung durch Photovoltaik mit Hilfe geeigneter PV-Modultechnik; zweitens, flexibler Einsatz im hochrangigen Straßennetz; drittens, Erhöhung der Dauerhaftigkeit und Erhaltung der Oberflächeneigenschaften der Fahrbahn durch Schutz vor Überhitzung und Niederschlägen; sowie viertens, zusätzlicher Lärmschutz. Diese Anforderungen sollen in Bezug auf technische Machbarkeit und ökonomische Umsetzbarkeit geprüft werden und an einem Demonstrator verifiziert werden. Aus den Analysen der Konzeptphase sowie den Messdaten des Demonstrators erhoffen wir uns wertvolle Erkenntnisse für den zukünftigen Einsatz solcher Photovoltaiksysteme im D-A-CH-Raum.“

AIT Center for Mobility Systems
AIT Center for Energy
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
Forster Industrietechnik GmbH

Quelle: APA

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