eCar-Test: Tesla Model S 100D

Der Pionier

von Daniel Schöppl

Ein Auto, zwei Testfahrer: Also entweder man fährt doppelt so schnell, um auf seine Kosten zu kommen oder man hat eben nur halb so viel Spaß. Vielleicht ist Genuss aber einfach auch eine Frage des Alters – wie auch immer! Wir hatten jedenfalls unterschiedliche Auffassungen von einem profunden Tesla-Test und das zeigt sich auch in den Verbrauchswerten…

Text: Daniel Schöppl & Thomas Buchbauer

Die Vorfreude war groß, als der Termin anstand: Das Model S 100D stand im Service Center in Wien für eCarandBike zum Abholen bereit. Vieles hatte ich bereits über das Auto gehört, ein geschätzter Journalisten-Kollege meinte sogar: „Wenn du Tesla fährst, merkst du einfach, dass diese Autos für die Elektromobilität entwickelt wurden. Das sind keine Verbrenner, die elektrifiziert werden, das sind echte Elektroautos.“ Dementsprechend war mir eine gewisse Erwartungshaltung auferlegt. Frei nach dem Motto »sharing is caring« haben wir uns den Test aufgeteilt. Nachdem ich ohnehin meine Schwierigkeiten hatte, der Beschleunigung zu widerstehen, wurden die letzten drei Tage zur Chefsache erklärt. Es lag also an Thomas Buchbauer, einen Trip von Wien nach Wels zu unternehmen, um auch – ich zitiere – „normale Verbrauchswerte“ zu erhalten. So kam es letztendlich dazu, dass wir bei unseren Ausfahrten sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Deshalb gibt es jetzt unsere erste »Autotest-Doppelberichterstattung«.

Testbericht: Daniel (28 Jahre)

Ich muss ja ehrlicherweise gestehen, dass ich mich beim Testen des Teslas vorwiegend mit der Beschleunigung, dem Soundsystem und sonstigen Annehmlichkeiten auseinandergesetzt habe. Info- und Entertainment waren der klare Fokus meiner Recherchearbeiten. Ja, ich weiß, dass die Grundidee der Elektromobilität auch beinhaltet, ökonomisch und bedarfsorientiert zu denken und zu fahren. Dazu möchte ich allerdings Folgendes sagen: Man hat nicht jeden Tag ein Auto in der Preisklasse von 122.780 €, mit einer System-Leistung von 422 PS, zur Verfügung. Und ja, es war auf jeden Fall absolut meinem Bedarf entsprechend, das in vollen Zügen auszukosten! Mehr als 850 Kilometer habe ich in fünf Tagen zurückgelegt – ca. 500 km davon als Kurzstrecken mit Familie, Freunden und Bekannten. Überhaupt hatte der Tesla bei mir eine sehr soziale Komponente: Ich wurde noch nie so oft auf ein Auto angesprochen. Von Fragen zur Reichweite, über Lademöglichkeiten bis hin zur Höchstgeschwindigkeit und »Darf ich einmal einsteigen?«, interessierte der Tesla die Menschen. Dass es vielleicht auch an der hochwertigen Optik des Autos liegt, mag sein, aber mit dem Model S erzeugte ich Aufmerksamkeit und löste bei dem ein oder anderen sogar eine kleine Begeisterung für Elektromobilität aus. Ich kann diese Begeisterung verstehen: In der Ausführung 100D beschleunigt der Tesla in 4,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Dabei bot die uns zur Verfügung gestellte Ausstattung die Möglichkeit, »lässig« oder »Standard« als Beschleunigungsmodus zu wählen. Ein Unterschied ist spürbar, man wird aber zweifelsohne bei beiden Modi in den Sitz »gedrückt«, wenn man in die Pedale steigt – ein Gefühl, von dem ich nicht genug bekommen konnte. Vermutlich würde man sich über einen längeren Zeitraum an die Beschleunigung gewöhnen, ich erfreute mich jedoch immer wieder aufs Neue daran – meine Beifahrer mal mehr, mal weniger. Auch auf das regenerative Bremssystem kann man Einfluss nehmen: Im »Standard«-Modus kann man laut Anzeige die Reichweite erhöhen und die Lebensdauer der Bremsen verlängern. Grundsätzlich bin ich aber im Modus »niedrig« gefahren. Die Steuerung des Fahrzeugs und des Infotainments erfolgt zur Gänze über den 17-Zoll-Touchscreen in der Mittelkonsole. Es befindet sich auch kein Schaltknüppel im Model S – die Gangschaltung wird mit dem Hebel rechts neben dem Lenkrad bedient. Die Möglichkeiten zur Konfiguration des Fahrzeugs sind enorm vielfältig: Sonnendach, Beschleunigung, Lenkmodus, Bremssystem, Fahrassistenzsysteme, Federung, Temperatur, Licht, Verbrauchswerte, Fahrerprofile, Handbuch und vieles mehr – alles einfach un selbsterklärend auf dem großen Display. Im Innenraum finden sich nur noch zwei Knöpfe wieder: Einer zur Aktivierung der Warnblinkanlage und einer zum Öffnen des Handschuhfachs. Die intuitive Bedienung des großen Bildschirms machte den Tesla für mich von Anfang an sehr bedienerfreundlich. Darüber hinaus bieten weitere Funktionen einen echten Fahrkomfort: Man kann sich vom Navigations-system die Route inklusive nötiger Zwischenladung berechnen lassen, wodurch ich trotz meiner hohen Verbrauchswerte nie einen Gedanken an die Reichweite verschwenden musste. Durch die Möglichkeit der Internetnutzung kann man den 17-Zoller außerdem gemütlich zum »Surfen« nutzen. Den Sound kann jeder Musikliebhaber nach seinen individuellen Vorlieben gestalten, ohne die anderen Fahrgäste dabei zu nerven. Die Einstellungen erlauben es, punktgenau festzulegen, wo die Musik schwerpunktmäßig erdröhnen soll. In Kombination mit der Spotify-App eröffnet sich dadurch eine große Vielfalt für die richtige Geräuschkulisse. Bei einem längeren Ausflug, der mich von Linz nach Wien geführt hat, habe ich meine tatsächlichen Reichweitenwerte genauer beobachtet. Entgegen der eigentlichen Empfehlungen habe ich die Batterie davor vollständig aufgeladen. Schonender wäre es, die Batterie nur bis zu 80 % aufzuladen. Außerdem funktioniert die Schnellladung ab diesem Ladezustand nicht mehr. Ich wollte aber einfach wissen, wie lange eine Voll- ladung tatsächlich dauert. Die anfängliche Restreichweite von 33 km hat sich am Tesla Supercharger in 110 Minuten auf die volle Reichweite von 632 km erhöht. Bei -11 °C Außentemperatur habe ich die Heizung auf die für mich typischen 23 °C eingestellt und bin losgefahren: Auf einer Distanz von 151 Autobahn-Kilometern hat sich die Reichweitenangabe um 343 km verringert – von 632 auf 289 Kilometer. Hier kommt meine nicht-ökonomische Fahrweise ganz klar zum Vorschein. Hochgerechnet hätte ich so gesamt nur 278 Kilometer zurücklegen können, was lediglich 44 % der angegebenen Reichweite entspricht. Meine ungeschönten Verbrauchswerte lesen sich wie folgt: 854,6 km (Distanz), 274,5 kWh (Gesamtverbrauch) und 321 Wh/km (Durchschnittsverbrauch).

Roadtrip! – Testbericht: Thomas (über 28 Jahre)

Ich bin ein Rookie – den Tesla kannte ich bisher nur von einem einmaligen Beschleunigungstest. Mit meinem Vorhaben, von Wien-Süd nach Wels zur Energiesparmesse zu fahren, betrat ich jedenfalls persönliches Neuland. Nachdem ich mich mit den elektronischen Helferleins in Windeseile zurechtgefunden hatte (ja, auch Fahrer jenseits der 50 wissen die Digitalisierung zu schätzen), machte ich mich bei klirrender Kälte von minus 10 Grad Celsius mit einer Restreichweite von 415 km auf den Weg nach Wels – nicht unbedingt die besten Außenbedingungen für einen repräsentativen Elektroautotest. Aber schließlich müssen Stromer in Österreich auch mit diesen Temperaturen klarkommen. Während mein Verbrauchswert in der Stadt noch jenseits der 300 Wh/km lag, war der Durchschnittsverbrauch bei meinem Zwischenstopp bei der Tesla-Supercharger-Station in St. Valentin bereits auf 254 Wh/km gesunken. Am 157 km langen Weg dorthin galt bei 120 km/h (eingestellt am Tempomat mit ein paar wenigen Ausreißern) meine vollste Aufmerksamkeit allerdings dem Display, da es mir ständig meine Verbrauchskurve und meine geschätzte Reichweite vor Augen hielt. In St. Valentin waren es statt der theoretischen 258 km (415 minus 157 km) schließlich nur mehr 123 km Reichweite – eine Differenz von 135 km (die Kälte lässt grüßen). 1 Stunde und 20 Minuten bei 26 kW (!) zeigte mir das Display schließlich an, als ich mit dem Ladevorgang begann. Da ich den Roadtripp auf Facebook live postete, ließen die ersten »Ermahnungen« der Tesla-Routiniers nicht lange auf sich warten: „26 kW habe mit superchargen nichts zu tun, abgesehen davon soll man keine 100 % laden (das Schnarchladen dauere zu lange und sei nicht gut für die Akkus).“ Ich nahm mir die Tipps zu Herzen (auch wenn ich als Neuling nicht verstehe, weshalb man dann derartig große Akkus mit sich herumschleppt, wenn man sie nicht voll aufladen soll) und startete mit 618 km Reichweite nach Wels – ein komfortabler Polster für eine Distanz von 48 km. Mit 548 km Restweichweite (wieder eine Differenz von 22 km) kamen der Tesla und ich schließlich am Parkplatz des Welser Messegeländes an und ich freute mich über die zahlreichen E-Ladesäulen für Strom zum Nulltarif – allerdings nur mit 16 A. Nach meinen berufsbedingten Recherchen auf der Energiesparmesse schraubten die Wels-Strom-Ladesäulen die Tesla-Akkus auf 586 km und ich machte mich völlig entspannt auf den Weg nach Wien. Für die 213 km von Wels nach Wien (diesmal über die Allander-Autobahn) standen, statt der theoretischen 373, schließlich nur noch 258 km Restreichweite auf der Habenseite – eine Differenz von 115 km oder 30 Prozent. Auch wenn ich die theoretischen Angaben des Herstellers damit weit verfehlt hatte, stellte ich mit Genugtuung fest, dass ich zumindest für die letzten 50 km ohne Mühe einen Durchschnittsverbrauch von 199 Wh/km erzielt hatte … ja, ich weiß, es gibt weit bessere Werte! Mein Fazit: Ich könnte mich trotzdem daran gewöhnen!

Mein persönliches Fazit

Ich habe die Beschleunigung eben leidenschaftlich genossen. Der Tesla macht es zumindest auch möglich. Wenn man einen überdurchschnittlichen Verbrauch in Kauf nimmt, kann man mit dem Tesla richtig Spaß haben, ohne sofort an die Reichweite denken zu müssen. Das soll keinesfalls bedeuten, dass das Fahrvergnügen auf der Strecken bleibt, wenn man ökonomisch fährt, aber er verfügt eben über ausreichend Kapazität, um auch einmal »unvernünftig« zu fahren. Für mein Empfinden wurde beim Tesla Model S sehr viel Augenmerk auf die Bedürfnisse der Nutzer der Elektromobilität gelegt. Mir hat dieser Autotest gezeigt, wie Elektromobilität funktionieren sollte und auch heute schon funktionieren kann. – Daniel Schöppl

Bei einer angegebenen Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h legt der Tesla von 0 – 100 km/h einen 4,3-Sekunden-Sprint hin.
Das Herzstück der Bedienung ist der 17-Zoll-Touchscreen in der Mittelkonsole.
Tesla macht in seiner Werbung bekannt, wie viel Reichweite das Model S hat. So bietet die Version 100D 632 km Reichweite pro Ladung … theoretisch. Wir luden vor der Fahrt nach Wels noch an unserer Schrack-Ladesäule mit dem Typ2-Stecker auf.
Das Model S 100D hat eine System- leistung von 310 kW (422 PS) – das wird auch bei der Beschleunigung deutlich spürbar.
Technische Daten

Antriebssysteme:

  • System-Leistung: 310 kW (422 PS)
  • Max. Drehmoment:660 Nm
  • Antriebsart:Allradantrieb
  • Motor:Drehstrom-Asynchronantrieb
  • Batteriekapazität:100 kWh

Reichweite elektrisch: bis zu 632 km

Verbrauch: 18,9 kW / 100 km

Ladezeit Haushaltsstecker (2,3 kW): ca. 40 h*

Ladezeit Typ 2 (3-phasig, 20 A, 11 kW): ca. 10,7 h*

Ladezeit Tesla Supercharger: 80% in ca. 30 min*

Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h

Beschleunigung (0 – 100 km/h): 4,3 sek

CO2-Emission: 0 g/km

Abmessungen L x B x H: 4.979 x 2.187 x 1.445 mm

Kofferraumvolumen: 894 l

Leergewicht: 2.188 kg

Preis: ab EUR 108.400 in Österreich / ab EUR 105.320 in Deutschland

*keine Herstellerangaben

 

Weitere Informationen: www.tesla.com

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