Mer-Kommentar zum geplanten EU-Gesetz zur E-Ladeinfrastruktur in Europa:

Bürokratiemonster oder E-Mobilitätsbeschleuniger?

von Siawasch Aeenechi
Foto: © Pixabay

Der Rat der Europäischen Union hat die Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) verabschiedet.  Die AFIR ersetzt die bisherige Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID) von 2014, auf der die in Deutschland geltende Ladesäulenverordnung basiert.

Das Gesetz konzentriert sich auf einen entscheidenden Punkt, der einige Menschen immer noch vom Kauf eines E-Autos abhält: fehlenden Lademöglichkeiten in anderen Ländern. Um das zu verbessern, werden alle EU-Staaten dazu verpflichtet bis zum Jahr 2026 alle 60 Kilometer entlang der Hauptverkehrsstraßen öffentliche Ladesäulen zur Verfügung zu stellen.

Zudem wurden Vorgaben für einheitliche Möglichkeiten zur Zahlung sowie Angaben zu Preis und Leistung an Lade- und Tankstellen festgelegt. So muss etwa der Preis an E-Auto-Ladestationen in Kilowattstunden angegeben werden und die Ladepunkte mit einem Zahlungskartenleser oder einem Gerät mit Kontaktlosfunktion ausgestattet sein. Somit soll E-Autofahrern ermöglicht werden, bald an allen öffentlichen Ladepunkten auf Ad-Hoc-Basis – also ohne Abschluss eines Abonnements – zahlen zu können.

Neben Regelungen für Ladeinfrastruktur beinhaltet das Gesetz zahlreiche weitere Vorgaben, etwa für Flug- und Seehäfen und für den Ausbau des Wasserstoffnetzes. Zum Beispiel wird vorgeschrieben, dass bis Ende des Jahres 2030 in jedem städtischen Knotenpunkt mindestens eine öffentlich zugängliche Wasserstofftankstelle errichtet werden soll. Das Gesetz soll dazu beitragen, dass in der EU bis zum Jahr 2030 mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgase als im Jahr 1990 ausgestoßen werden.

Otto Loserth, Geschäftsführer beim Elektromobilitätsexperten Mer Germany, kommentiert das Vorgehen des EU-Parlaments wie folgt:

„Die Pläne der Europäischen Union in punkto elektronisches Laden sind ambitioniert, vor allem wenn man bedenkt, dass hierfür rund 1.800 Ladestationen mit mehreren Ladesäulen innerhalb der nächsten drei Jahre in ganz Europa installiert werden müssten. Hier liegen die Pain Points allerdings weniger an der mangelnden Planung zum Bau von Ladesäulen. Die großen Umsetzungshürden sind einerseits die Bürokratie und anderseits die Lieferschwierigkeiten, mit denen Ladestellenbetreiber zu kämpfen haben werden. Vor allem bei den Transformatoren, kurz Trafos, muss zurzeit mit großen Verzögerungen gerechnet werden, weil sich die Lieferzeiten im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt haben. Hinzu kommt, dass Baugenehmigungen und Freigaben zum Netzanschluss in vielen Fällen mehrere Monate oder Jahre dauern können. Es gilt also, kein Bürokratiemonster zu schaffen, sondern die Elektromobilität in Europa wirklich voranzutreiben.

Um die elektronische Verkehrswende wie von der EU geplant umzusetzen, darf der Ausbau der Ladeinfrastruktur zudem auch nicht so stark hinter den Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen hinken, wie das derzeit der Fall ist. Gerade in Deutschland sollte sich die Politik darauf konzentrieren personelle Kapazitäten zu schaffen und die Digitalisierung von Prozessen bei den Behörden weiter voranzutreiben. Die kurze Frist bis zum Jahr 2026 könnte dahingehende Veränderungen seitens der Politik beschleunigen.

Wir bei Mer haben schon vor dem Beschluss des EU-Parlaments einen großen Fokus daraufgelegt, den Zugang zu Ladesäulen und die Bezahlvorgänge so einfach wie möglich zu gestalten. Denn für uns steht fest: Eine Kombination aus Ad-Hoc-Laden ohne Anmeldung, Angebot über alle gängigen Ladestromanbieter (EMP) über Roaming und Direktbezahlfunktion mit Kredit- oder EC-Karte gehören ebenso zum Standard wie die Verrechnung in Kilowattstunden. Eine wirkliche Verkehrswende – und damit auch Klimawende – erreichen wir nur, wenn wir ein flächendeckendes Angebot an Ladepunkten mit wirklich benutzerfreundlichen Ladesäulen kombinieren, die das Laden so einfach wie das Tanken eines Verbrenners machen.“

Weitere Informationen: de.mer.eco

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