Wiener Linien:

Nach dem E-Bus kommt der H2-Bus

von Moritz Hell

2020 ist bei den Wiener Linien das Jahr der Öko-Busse. Nach den Testfahrten mit dem 12 Meter langen E-Bus auf der Linie 57A gehen die Tests am 4. Juni mit einem Wasserstoff-Bus von Solaris auf der Linie 39A weiter. Es ist das erste Mal, dass die Wiener Linien ein Wasserstofffahrzeug testen. Der H2-Bus wird bis einschließlich 12. Juni an allen Tagen auf der Strecke unterwegs sein. Bereits Anfang des Jahres hatten die Wiener Linien die Tests angekündigt.

„Die Öffis leisten einen ganz zentralen Beitrag für die Klimamusterstadt Wien. Die Wiener Linien waren und sind immer Vorreiter bei umweltfreundlichen Innovationen. Natürlich sind emissionslose Antriebe bei Bussen ein wesentlicher Faktor und daher bin ich sehr stolz darauf, dass die Wiener Linien neben dem Ausbau der E-Mobilität auch in Sachen Wasserstoffantrieb ganz vorne dabei sind“, so Umwelt- und Öffi-Stadträtin Ulli Sima bei der Vorstellung des Testbusses am 3. Juni in der Busgarage der Wiener Linien in Leopoldau. Für den modern betriebenen Bus wurde eine Wasserstofftankstelle in der Garage errichtet.

Die Anforderungen an das Fahrzeug sind vor allem in Wien enorm: Hohe Intervalldichte, geringe Haltestellenabstände und die städtische Topografie verlangen ein perfekt darauf abgestimmtes Antriebssystem bei den Bussen.

„Neben dem Elektro- ist der Wasserstoff-Antrieb bei Linienbussen ein großes Thema. Dabei sind alle Seiten gefordert: Bushersteller müssen einsatzfähige Fahrzeuge zu realistischen Preisen liefern, Verkehrsunternehmen müssen die Umstellung so schnell wie möglich angehen und die Politik muss die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen. Nur so wird es uns gelingen, die Mobilität noch nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten“, fasst Günter Steinbauer, Geschäftsführer der Wiener Linien, zusammen.

Tankstelle von den Wiener Netzen, Wasserstoff von Wien Energie

Insgesamt zehn Wasserstoffbusse sollen ab 2023 auf der Linie 39A eingesetzt werden. Neben den Testfahrten braucht es dazu auch die entsprechende Infrastruktur. Die für den Testbetrieb notwendige Tankstelle in Leopoldau wird von den Wiener Netzen zur Verfügung gestellt. Im Probebetrieb wird der Bustank mit 35 Kilogramm Wasserstoff innerhalb von zwölf Minuten befüllt, im Regelbetrieb wird der Vorgang schon nach acht Minuten beendet sein. Mit einem vollen Tank schafft der Bus bis zu 400 Kilometer. Die Betankung soll während des Testbetriebs einmal täglich stattfinden und genau dafür ist eine leistungsfähige Netzinfrastruktur erforderlich.
„Das Gute ist, dass wir die bestehende Infrastruktur und unser Know-how, unsere 120 Jahre Erfahrung mit Gasen für den Transport von Wasserstoff nutzen können und damit kostensparend die Energiezukunft einleiten“, meint Wiener Netze Geschäftsführer Gerhard Fida.

Mit der Beschaffung des in Zukunft nötigen Wasserstoffs ist Wien Energie betraut. Diesbezügliche Forschungsarbeiten steht für den Energiedienstleister derzeit an oberster Stelle. „Grüner Wasserstoff kann ein wichtiger Baustein für mehr Klimaschutz in der Stadt sein. Wien Energie prüft derzeit die Anwendungen in den Bereichen Industrie, Mobilität und Energiespeicherung. Wir forschen insbesondere an Möglichkeiten zur Produktion von grünem Wasserstoff“, so Michael Strebl, Geschäftsführer von Wien Energie. Ein erstes Konzept dazu soll bis Jahresende erarbeitet werden. Wenn alles wie geplant läuft, könnte eine Elektrolyseanlage in Wien errichtet werden, in der aus erneuerbarem Strom grüner Wasserstoff produziert wird.

 H2-Busse von Solaris bald in ganz Europa unterwegs

Mit Bushersteller Solaris konnte ein sehr erfahrener Projektpartner für den Testbetrieb an Bord geholt werden. In Bozen werden noch heuer zwölf H2-Busse des Modells »Urbino 12 hydrogen« in Betrieb genommen. Köln, Wuppertal und Connexxion (Niederlande) haben ebenfalls schon Bestellungen der neuesten Bus-Generation, wie sie jetzt auch in Wien getestet wird, abgegeben.

„Wien ist Vorreiter im Thema Elektromobilität und eine der ersten Hauptstädte Europas, die in Elektrobusse investiert hat. Die Wiener Linien setzen auf innovative emissionsfreie Lösungen im öffentlichen Verkehr und ich freue mich sehr, dass wir heute unseren Wasserstoffbus Solaris Urbino 12 hydrogen in Wien vorstellen können“, freut sich Petros Spinaris, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Solaris Bus & Coach S.A.

V. l. n. r.: Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl, Öffi-Stadträtin Ulli Sima, Wiener-Netze-Geschäftsführer Gerhard Fida, Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer. (Bild: PID/Fürthner)

70 kW Brennstoffzelle, Rekuperation und Wärmepumpe

Die Fahrzeuge sind mit der neuartigen Brennstoffzelle (70 kW) und Solaris High-Power-Batterien ausgestattet. Die Batterie wird mit Wasserstoffenergie und der beim Bremsen zurückgewonnenen Energie versorgt. Das Antriebssystem vervollständigt eine Achse mit zwei integrierten Elektromotoren mit einer Leistung von je 125 kW). Die elektrische Energie in der Wasserstoff-Brennstoffzelle treibt den Bus abgasfrei und damit umweltfreundlich an. Gespeichert wird der Wasserstoff auf dem Dach. Um den Energieverbrauch möglichst gering zu halten, nutzt eine umweltfreundliche CO₂-Wärmepumpe die Abwärme aus der Brennstoffzelle zum Heizen und Kühlen des Busses.

82 emissionslose Busse bis 2027

Die Wiener Linien starten 2021 mit der Ausschreibung für 62 Normalbusse mit reinem Elektroantrieb sowie zehn Normalbussen mit Wasserstoffantrieb mit Brennstoffzelle. 2024 startet die Ausschreibung für die seit 2013 auf den Linien 2A und 3A erfolgreich eingesetzten E-Kleinbusse. Die ersten emissionslosen Busse werden ab 2023 im Fahrgastbetrieb unterwegs sein, spätestens 2027 werden insgesamt 82 Busse mit alternativem Antrieb die umweltfreundliche Euro-6-Busflotte verstärken. Die Wiener Linien investieren in den Ausbau der Öko-Busflotte und in die dafür benötigte Infrastruktur rund 90 Millionen Euro.

Im Süden Wiens entsteht deshalb auch ein Kompetenzzentrum für E-Busse. In Siebenhirten wird eine eigene E-Busgarage mit dafür geeigneten Linien für den E-Betrieb entwickelt.

ÖBB plant Einsatz von Wasserstoffzug

Der ÖBB sind die Wiener Linien damit voraus. Erstere hatten im Oktober einen Testbetrieb mit einem Wasserstoffbus durchgeführt, trotz guter Ergebnisse und positiven Feedbacks– der mit Wasserstoff betriebene Bus ist leiser als ein Dieselbus – jedoch davon abgesehen. Zu teuer und schwer erhältlich seien Wasserstoffbusse, meinte die ÖBB. Einen Abbruch tut das der Wasserstoffmobilität aber nicht: Zum einen planen die ÖBB weitere Tests, zum anderen soll in der Ostregion ein Wasserstoffzug zum Einsatz kommen.

www.wienerlinien.at

Ähnliche Artikel

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Zur Speicherung Ihres Namens und Ihrer E-Mailadresse klicken Sie bitte oben. Durch Absenden Ihres Kommentars stimmen Sie der möglichen Veröffentlichung zu.

789