Solarbetrieb von Fahrzeugen:

Entwicklung eines neuen weltweiten Standards

von Siawasch Aeenechi
Foto: © TÜV Rheinland

E-Automobile werden immer populärer. Laut Kraftfahrt-Bundesamt machte ihr Anteil an den in Deutschland im vergangenen Jahr neuzugelassenen Pkw rund ein Fünftel aus. Im Rahmen eines internationalen Verbundes testet TÜV Rheinland aktuell dachintegrierte Photovoltaik-Modulen in Fahrzeugen, sogenannte „Vehicle integrated PV“ (VIPV). Dabei geht es darum, die Anwendbarkeit der derzeit verfügbaren internationalen Messstandards für die Prüfung dieser innovativen Geräte zu überprüfen und die Energiemenge zu bewerten, die solche Geräte im realen Einsatz in Fahrzeugen erzeugen können.

Bislang gibt es keine internationalen Normen, die speziell für solche Solarmodule gelten. Ziel ist es, neue internationale Normen zu entwickeln, die der Industrie und den Prüflabors als Richtlinie für zuverlässige Messungen dienen und die die korrekte und faire Vergleichbarkeit dieser Geräte gewährleisten. Eine erfolgreiche Prüfung könnte zur Entwicklung nachhaltigerer und energieeffizienterer Fahrzeuge führen, die weniger abhängig von herkömmlichen Kraftstoffquellen sind.

„Die Integration von Photovoltaik-Modulen auf Dächern von Fahrzeugen ist möglich und funktioniert. Eine besondere Herausforderung ist die abgerundete Form von Autodächern – vor allem, wenn es um die Bewertung der Leistung unter Indoor-Solarsimulatoren geht“, sagt Giorgio Bardizza, F&E Global Manager im Bereich Solar bei TÜV Rheinland. „Solarmodule auf Fahrzeugdächern können keine ebene Oberfläche haben und ihre Form hängt in der Regel vom Fahrzeugtyp und -modell ab. Daher ist die Auswahl der Prüfebene nicht trivial und in den derzeit verfügbaren Vorschriften nicht definiert. Dies ist einer der Aspekte, die die Vergleichbarkeit der Messungen beeinträchtigen und die derzeit untersucht werden.“

Die Integration von PV-Paneelen auf Dächern von Elektrofahrzeugen bietet eine zusätzliche Möglichkeit der Energieerzeugung, um die Reichweite zu erhöhen. Aufgrund des hohen Energiebedarfs von Autos ist es nicht möglich, PV-Module allein zu verwenden. Allerdings können vor allem bei größeren Fahrzeugen bisher ungenutzte Flächen für die zusätzliche Energiegewinnung genutzt werden. Das Potenzial dieser neuen Technologie ist enorm. „Als TÜV Rheinland haben wir die Kompetenz und die Kapazität, zukunftsweisende Technologien zu testen und zu prüfen“, sagt Giorgio Bardizza.

Die japanische Universität Miyazaki initiierte 2022 das Forschungsprojekt, an dem weltweit zahlreiche Prüflabore beteiligt sind. TÜV Rheinland ist mit einem Labor in Köln und einem weiteren in Shanghai vertreten. Darin prüft er unter anderem die Prototypen, die bereits von Toyota in Zusammenarbeit mit Panasonic entwickelt wurden.

Seit 2018 hat der Technische Ausschuss 82 der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) die Notwendigkeit erkannt, sich mit der Standardisierung des Designs und der Leistung von PV in Automobilanwendungen zu befassen. Das Projektteam PT600 wurde von der Universität Miyazaki in Japan gegründet und umfasst zahlreiche Prüflabore auf der ganzen Welt. Ziel des Projekts ist die Entwicklung von zwei neuen technischen Studien, die sich auf die Wirkung der Sonneneinstrahlung in der Umgebung von Fahrzeugen und die Modellierung ihrer Verteilung auf VIPV konzentrieren. Zwei Labore des TÜV Rheinland (eines in Köln und eines in Shanghai), die sich mit PV-Geräten und -Systemen beschäftigen, sind an dieser Gruppe beteiligt. Kürzlich nahmen sie an den ersten internationalen Messvergleichen von VIPV-Modulen teil, die von der PT600-Gruppe organisiert wurden, und testeten die bereits von Toyota in Zusammenarbeit mit Panasonic entwickelten Prototypen.

Die Prüfergebnisse kommen einerseits dem Entwickler des VIPV-Autodachs zu, so dass dieser sein Produkt weiter entwickeln und verbessern kann. In erster Linie bilden sie jedoch eine Diskussionsgrundlage der International Electrotechnical Commission (IEC) bei der Entwicklung neuer internationaler Normen.

Es wird erwartet, dass die bereits bestehenden IEC-Normen IEC60904-9 (Klassifizierung der Eigenschaften von Sonnensimulatoren), IEC60904-1 (Messung der Strom-Spannungs-Kennlinien von Photovoltaikanlagen) und IEC60891-2 (Verfahren zur Korrektur der gemessenen I-U-Kennlinien hinsichtlich Temperatur und Bestrahlungsstärke) in Zukunft aktualisiert werden, um die spezifischen Aspekte und Probleme von VIPV-Modulen zu berücksichtigen. Darüber hinaus erwägt die Internationale Organisation für Normung (ISO) die Integration von Umwelt- und mechanischen Tests in die Norm ISO16750.

Die aktuelle Testphase des TÜV Rheinland zur zusätzlichen Energiegewinnung dauert noch bis Mitte 2024 an, so dass im Herbst weitere Ergebnisse vorliegen auf deren Basis 2025 eine eigene Norm für PVIV entwickelt wird.

Die derzeitige Testphase und die Teilnahme von TÜV Rheinland an den Aktivitäten der PT600-Gruppe wird bis Mitte 2024 andauern, so dass im Herbst weitere Ergebnisse erwartet werden, die zur Entwicklung neuer Standarddokumente für VIPV im Jahr 2025 verwendet werden.

150 Jahre im Zeichen der Sicherheit: Seit 1872 stellt sich TÜV Rheinland der Aufgabe, Technik für Mensch und Umwelt sicher zu machen. Von der Dampfmaschine bis zur Digitalisierung: Aus den Anfängen als „Verein zur Überwachung der Dampfkessel in den Kreisen Elberfeld und Barmen“ ist ein weltweit tätiger Prüfdienstleister geworden, der in nahezu allen Wirtschafts- und Lebensbereichen für Sicherheit und Qualität sorgt. Diese Verantwortung verbindet heute mehr als 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund 2 Milliarden Euro. Die Expertinnen und Experten von TÜV Rheinland prüfen rund um den Globus technische Anlagen und Produkte, begleiten Innovationen in Technik und Wirtschaft, trainieren Menschen in zahlreichen Berufen und zertifizieren Managementsysteme nach internationalen Standards. Mit Sicherheit und Nachhaltigkeit gestaltet TÜV Rheinland auch die Zukunft. Seit 2006 ist TÜV Rheinland deshalb Mitglied im Global Compact der Vereinten Nationen für mehr Nachhaltigkeit und gegen Korruption.

Weitere Informationen: www.tuv.com

Quelle: TÜV Rheinland

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