Das Laden muss einfach bleiben:

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur darf nicht durch Zahlungsmodalitäten ausgebremst werden

von Siawasch Aeenechi
Foto: © ChargePoint

Eine zentrale Voraussetzung für den Markthochlauf der Elektromobilität ist der zügige Ausbau der Ladeinfrastruktur. Dies darf nicht durch unnötige und vor allem praxisferne Auflagen bei den Zahlungsmodalitäten behindert werden.

Die Bundesregierung will Deutschland zu einem Leitmarkt der Elektromobilität machen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat dazu im letzten Oktober den Masterplan Infrastruktur II vorgestellt, der unter anderem den massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur vorsieht. Dafür soll in Deutschland bis zum Jahr 2030 ein Netzwerk mit 1 Million Ladepunkten entstehen. Mindestens genauso wichtig wie dieses quantitative Ziel ist es aber, das Laden für die Nutzer so einfach wie möglich zu machen. Vor diesem Hintergrund müssen der Ausbau der Ladeinfrastruktur weiter entbürokratisiert und bestehende Hürden für die Nutzung der Infrastruktur abgebaut werden.

Eine zentrale Hürde ist die Frage, wie an öffentlich zugänglichen Ladesäulen bezahlt werden kann. Die Novelle der Ladesäulenverordnung (LSV) schreibt vor, dass Ladesäulenbetreiber beim Ad-hoc-Laden mindestens eine kontaktlose Zahlung mittels gängiger Debit- und Kreditkarte anbieten müssen. Die Regelung zum einheitlichen Bezahlsystem soll für Ladesäulen gelten, die ab dem Juli 2023 erstmalig in Betrieb genommen werden. Bestehende Ladesäulen müssen nicht nachgerüstet werden.

In diesem Kontext werden nun aber EU-rechtliche Verordnungen wie die Alternative Fuels Infrastructure Regulation (AFIR) und die zweite Payment Service Directive (PSD2) eine direkte Auswirkung auf nationale Regelungen haben. Am 7. Februar 2023 findet auf EU-Ebene der dritte Trilog zur Ausgestaltung der AFIR statt. Dabei wird auch die Pflicht zur Installation von Kartenterminals sowohl in bestehende als auch in neu zu installierende Ladesäulen diskutiert. Mit dem Inkrafttreten der AFIR ist allerdings erst im dritten Quartal 2023 zu rechnen. Dies schafft zwei Probleme:

Projekte für den Ausbau von Ladeinfrastruktur könnten aufgeschoben werden

Das erste Problem liegt im Timing. Die LSV-Neuregelung soll nach aktuellem Stand zum 1. Juli 2023 in Kraft treten. Damit käme sie wahrscheinlich der AFIR zuvor. Je nachdem, wie die AFIR ausfällt, müsste die deutsche LSV unter Umständen angepasst werden. Dieser Umstand schafft erhebliche Unsicherheit für die Ladeinfrastrukturanbieter. Es läge für diese daher nahe, Ausbauprojekte bis dahin aufzuschieben. Das kann jedoch nicht im Sinne eines zügigen Aufbaus der Ladeinfrastruktur sein. Die Bundesregierung sollte daher abwarten, bis die Alternative Fuels Infrastructure Regulation ausgestaltet ist. Im Idealfall würden LSV und AFIR zeitgleich in Kraft treten.

Höhere Hardware- und Betriebskosten werden den Ausbau der Ladeinfrastruktur hemmen

Das zweite Problem liegt in der geplanten Nachrüstpflicht für bestehende Ladesäulen. Die erhöhten Hardware- und Betriebskosten würden auf die Nutzer übertragen und die Elektromobilität unnötig verteuern, ohne dass damit ein Mehrwert geschaffen wird. Problematisch ist auch der deutlich längere und kostenintensivere eichrechtliche Zertifizierungsprozess.

Außerdem würde die PSD2 auf EU-Ebene zusätzliche Probleme hervorrufen. Denn beim Überschreiten bestimmter Beträge ist gemäß der PSD2 zudem eine starke Kundenauthentifizierung (SCA) erforderlich. Die bekannteste Methode der Authentifizierung mag zwar zum jetzigen Zeitpunkt die PIN-Eingabe sein. Es gibt jedoch modernere Alternativen, die mehr Sicherheit, Zuverlässigkeit und ein besseres Kundenerlebnis bieten. Unternehmen wie ChargePoint bieten diese sichere Technologie ohne PIN-Pad an.

Eine Vorschrift, neue Ladesäulen verpflichtend mit PIN-Pads auszurüsten, würde zu höheren Investitionskosten von etwa 1.000 Euro pro Ladesäule führen. Zudem wären höhere Betriebs-, Wartungs- und Abwicklungskosten von ca. 1.000 Euro jährlich zu erwarten. Dabei bringt ein PIN-Pad den Nutzern am Ende keine wirklichen Vorteile. Denn für kleine Beträge von unter 50 Euro ist ohnehin keine PIN-Eingabe erforderlich. Nach Angaben der Initiative Deutsche Zahlungssysteme scheitert nur ein Prozent der Bezahlvorgänge an der fehlenden Möglichkeit der PIN-Eingabe. Damit wird deutlich, dass mit dem Zwang zum PIN-Pad eine praxisferne Regelung eingeführt werden soll, die Mehrkosten verursacht, ohne einen Mehrwert zu bieten. Die Kosten für eine Nachrüstung werden sich dann sicher einige Anbieter sparen und Ladepunkte stilllegen. Dies wäre ein verheerendes Signal für den notwendigen Ausbau der Ladeinfrastruktur.

Es braucht Fortschritte und keine Rückentwicklung

Die Ladeinfrastruktur und das Laden werden sich weiterentwickeln. Es liegt in der gemeinsamen Verantwortung der Gesetzgebung, der Ladesäulenbetreiber (CPOs) und der Elektromobilitätsanbieter (EMPs), dass Laden einfacher und besser wird. Dies muss durch eine hinreichende Menge und Dichte an Lademöglichkeiten, aber vor allem auch durch eine hohe Nutzerfreundlichkeit sichergestellt werden.

Verbrauchertrends und -erfahrungen sowie die Zahlungsmittel werden sich noch weit vor der AFIR-Nachrüstungsfrist von 2027 weiterentwickeln. Im Einklang mit den ehrgeizigen Zielen im E-Fahrzeugsektor müssen wir alle Ressourcen für die Beschleunigung des Ausbaus der E-Fahrzeuginfrastruktur einsetzen, anstatt gut funktionierende Hardware nachzurüsten. Wir sind bereit unseren Beitrag zu leisten. Was wir uns nicht leisten können, sind unnötige Investitionen ohne einen praktischen Nutzen.

Nun liegt es an der Bundesregierung, zu entscheiden, wie ein flächendeckender Ausbau von Ladesäulen und die Benutzerfreundlichkeit rechtlich am besten in Einklang gebracht werden können.

Weitere Informationen: www.chargepoint.com/de-de

Quelle: ChargePoint

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