Rexel und Smatrics geben Kooperation bekannt – was in Folge dessen zu erwarten ist:

Volle Fahrt voraus in Richtung intelligente Ladelösungen

von David Lodahl

Smatrics und Rexel – zwei anerkannte Big Player der Branchen Ladeinfrastruktur und Elektrogroßhandel – vereinen ihre Kompetenzen und positionieren sich mit geballter Expertise. Vorbildwirkung oder weise Voraussicht? Fest steht jedenfalls, dass sich für die Autobauer durch den geänderten CO2-Grenzwert ab 2021 vieles im Bereich Elektromobilität tun wird – und die Vorbereitungen darauf beschränken sich nicht nur auf die Autobranche …

Interview: Thomas Buchbauer und Thomas Graf-Zoufal

Text: Mag. Sandra Eisner

Keine Frage, es ist schon kein Zuckerschlecken für die Autoindustrie: Nicht zuletzt durch die seitens der EU angesetzte Minderung des CO2-Grenzwertes für alle neu zugelassenen Pkws ab dem Jahr 2021 kommen viele Hersteller mächtig ins Schwitzen. Das Portfolio an Elektroautos erweitert sich dementsprechend rasant und wird uns spätestens 2021 im wahrsten Sinne des Wortes »überrollen«. Bleibt die Frage: Werden die Rahmenbedingungen zur Elektromobilität dann stimmig sein? Wie wird es mit der Ladeinfrastruktur ausschauen? Welchen Beitrag die Zusammenarbeit von Rexel und Smatrics dazu leisten kann, lesen Sie im folgenden Interview mit Dr. Michael-Viktor Fischer, CEO der Smatrics GmbH & Co KG, und Robert Pfarrwaller, Vorsitzender der Geschäftsführung/CEO der Rexel Austria GmbH.

Herr. Dr. Fischer, Sie haben uns bereits vor einem Jahr im Rahmen des Interviews für die damals erste Ausgabe von eCarandBike verraten, dass Smatrics auf der Suche nach Partnern aus der Elektrotechnik ist, um das Ladenetz in Österreich ausbauen zu können. Was ist in diesem Jahr diesbezüglich geschehen?

Es muss prinzipiell am Thema Energiestrategie gearbeitet werden, denn Strom als die effizienteste Energieform wird künftig eine viel größere Rolle spielen“, fordert Dr. Michael-Viktor Fischer, CEO der Smatrics GmbH & Co KG.

Dr. Michael-Viktor Fischer: Wir haben mit Rexel eine Kooperation geschlossen, die das Thema Elektromobilität für uns vertrieblich auf eine neue Ebene anhebt. 70 bis 80 % aller Ladungen finden zuhause, am Arbeitsplatz oder bspw. bei Hotels statt und nicht im klassischen Tankstellenbereich wie heute. Die Ladeinfrastruktur vor Ort wird zumeist von lokalen Elektrotechnikunternehmen aufgebaut, zu denen eine Vertrauensbeziehung seitens der Kunden besteht. Die Firma Rexel mit ihren beiden Marken Schäcke und Regro ist für uns der ideale Partner, da sie mit fast allen Elektrotechnikern Österreichs in Kontakt steht. Somit sehe ich diese Kooperation als »Win-win-win-Situation«, da das Geschäftsmodell nicht nur für unsere beiden Unternehmen äußerst interessant ist, sondern auch den Elektrotechnikern den Zugang zu einer lukrativen Form der Elektromobilität im Sinne unserer »Managed Infrastructure« ermöglicht wird.

Was genau ist unter Ihrem Hauptgeschäftsfeld »Managed Infrastructure« zu verstehen?

Fischer: Lassen Sie es mich anhand von folgendem Szenario erklären: Ein Tesla verfügt über eine 100-kWh-Batterie, mit der in wenigen Jahren auch ein »durchschnittliches« E-Auto ausgestattet sein wird. Eine Vollladung beläuft sich in dieser Ausprägung auf etwa 19 Euro Stromkosten. Stellen Sie sich vor, bei einem Hotel werden drei Elektroautos pro Tag vollständig geladen, so ergibt das knapp 60 Euro. Aufgerechnet auf das ganze Jahr belaufen sich die Stromkosten in diesem Zusammenhang auf rund 22.000 Euro. Unsere »gemanagte Infrastruktur« ermöglicht dem Hotel eine Verrechnung von Ladeentgelten an den Endnutzer. Außerdem bieten wir – gemeinsam mit dem zuständigen Elektrotechniker vor Ort – eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung (24 Stunden am Tag/7 Tage pro Woche) bei Problemen. Es handelt sich also um eine Gesamtlösung von Smatrics in Kooperation mit einem Elektrotechniker für die Montage, wir managen den operativen Betrieb. Durch unser Lademanagement ist es außerdem möglich, evt. Stromspitzen zu glätten, wodurch für den Kunden weniger Netzbereitstellungsentgelt entsteht. Unsere Dienstleistungen und Services entwickeln sich stets weiter, was auch dem Elektrotechniker, der mit uns und den Rexelmarken Schäcke oder Regro zusammenarbeitet, dabei hilft, in diesem innovativen Bereich immer up to date zu sein.

Auch die VKW bietet den Gastronomen und Hoteliers ein Rundum-Sorglos-Paket in Sachen Ladestationen an. Ist dies vergleichbar mit dem Angebot von Smatrics?

Fischer: Wir bieten sowohl die Installation von gemanagten Ladestationen als auch Abrechnungen, den Betrieb sowie dazugehörige Services an, außerdem »White Labeling«: Wenn etwa ein Unternehmen selbst als e-mobility-Provider auftreten möchte, kann das Ladenetz nach außen hin unter der eigenen Marke, dem eigenen Namen aufgebaut werden. So installieren wir beispielsweise für die ÖBB zurzeit mehrere neue Ladestationen pro Woche und managen diese im Namen der ÖBB.

Was genau beinhaltet die Zusammenarbeit zwischen Rexel und Smatrics und wie gestaltet sich die Aufgabenteilung?

Robert Pfarrwaller: Rexel beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit dem Thema Elektromobilität und so möchten wir nun ein Portfolio für unsere Kunden anbieten, das nachhaltig Sicherheit gibt und ein komplettes Dienstleistungspaket abdeckt. Der Elektrotechniker kann in der Partnerschaft mit uns auf das Smatrics-Portfolio zugreifen und sich darauf verlassen, die üblichen und gängigen Hardware-Lösungen beziehen zu können. Durch unseren seit vielen Jahren etablierten Zugang zum Elektriker bietet sich hier ein neues Geschäftsfeld mit einem attraktiven Portfolio. Was die Aufgabenteilung betrifft, bewegen wir uns im Bereich der Akquise, wir sind das »Interface« zum Markt, Ansprechpartner für Kunden. Die Dienstleistung an sich findet zwischen dem Kunden und Smatrics statt – über die Vermittlung von Rexel.

Welche Vorteile ergeben sich durch diesen Deal?

Die Zukunft liegt im Lösungsverkauf und nicht, wie bisher, im Produktverkauf – hier muss für alle ein Umdenken stattfinden“, so Robert Pfarrwaller, Vorsitzender der Geschäftsführung/CEO der Rexel Austria GmbH.

Fischer: Für den Elektrotechniker bieten sich gewichtige Vorteile: Er kann die Produkte durch »White labeling« mit seinem Namen branden, »seine« Lösung anbieten und auch direkt mit dem Kunden Wartungsverträge abschließen.

Pfarrwaller: Die Zukunft liegt im Lösungsverkauf und nicht, wie bisher, im Produktverkauf – hier muss für alle ein Umdenken stattfinden. Für den Kunden ist es wichtig, dass er die Wahlmöglichkeit bei der Hardware hat, also eine Flexibilität, die unsere Partnerschaft mit Smatrics ermöglicht. Die Elektrotechniker bewegen sich in einem unglaublich breiten Aufgaben- und Tätigkeitsbereich, von der Photovoltaik über die Elektromobilität bis hin zum energieautonomen Haus. Wir möchten ihnen deshalb Lösungen an die Hand geben, damit sie Gesamtpakete verkaufen können und somit auch wiederkehrende Einkommen (u.a. durch Wartungszyklen) haben. Wir bieten dieses neue Konzept flächendeckend österreichweit an. Eine Komplettschulung unseres Teams sowie ein Schulungszyklus für unsere Kunden sorgen für das notwendige Grundwissen über die Partnerschaft und den Vertrieb.

Inwieweit müssen auch Themen wie »Vehicle to grid« oder das Handeln mit überschüssigem Strom künftig eine Rolle in Ihrer Zusammenarbeit spielen?

Fischer: Interessant werden diese Themen dann, wenn der Speicher betriebswirtschaftlich darstellbar sein wird. Wir setzen uns mit Thematiken wie »Vehicle to grid« oder »Vehicle to home« auseinander, auch »Vehicle to neighborhood« wird künftig zum Tragen kommen, zurzeit ist es allerdings noch etwas zu früh, diese Technologien in ihrer angedachten Funktionalität anzuwenden. Wenn man die Energiewende jedoch nachhaltig managen will, müssen genau jene Themen forciert werden. Heute ist es beispielsweise (noch) verboten, den eigens erzeugten PV-Strom an Nachbarn weiterzugeben, eine entsprechende Regelung ermöglicht dies nur innerhalb eines Mehrfamilienhauses. Wir brauchen in Zukunft wesentlich mehr Flexibilität und angemessene, adaptierte Rahmenbedingungen.

Pfarrwaller: Wir meinen, dass in der gesamten erneuerbaren Energie das Thema »Erhöhung des Eigenverbrauchs vs. Erhöhung der Eigenproduktion« Beachtung finden muss. In diesem Zusammenhang ist ein Förderungsumdenken notwendig, weg von der Produkt- hin zur systemischen Förderung.

Die #mission2030 verfolgt ein hehres Ziel, aber was konkret passiert Ihres Empfindens nach seitens der Politik – und reicht das?

Fischer: Die aktuelle Bundesregierung zeigt sich zum Thema Elektromobilität deutlich aktiver als jene davor. Es gibt die ersten Initiativen zu diesem gewichtigen Thema und darauf reagiert auch die Politik. Im Regierungsprogramm steht zum Beispiel, dass man in einem Mehrparteienhaushalt ohne Zustimmung der anderen Hausbewohner auf dem eigenen Parkplatz eine Ladestation errichten darf. Es muss prinzipiell am Thema Energiestrategie gearbeitet werden, denn Strom als die effizienteste Energieform wird künftig eine viel größere Rolle spielen. Für die Elektromobilität selbst ist die Verfügbarkeit des Stroms zumindest in Österreich meiner Meinung nach das geringste Problem, vor allem wenn ein Großteil über Eigenproduktion durch PV-Anlagen und Stromspeicher gemanagt werden kann.

Pfarrwaller: Energiepolitik darf nicht (nur) auf lokaler Ebene vollzogen werden, sie muss auf regionalem bzw. nationalem Niveau stattfinden. Die Lösung liegt nicht in einem Konzept, sondern es müssen alle verfügbaren Technologien gemeinsam ineinandergreifen, um mit dem Thema Energie nachhaltiger und effizienter umzugehen zu können.

Herr Fischer, spielt die Eichrechtskonformität von Ladestellen eine Rolle in ihrem Geschäftsmodell?

Fischer: Wir verkaufen keinen Strom, wir verkaufen Mobilität. Bei einer 350-kW-Ladestation sind beispielsweise die anteiligen Stromkosten relativ vernachlässigbar. Das Teure sind die anteiligen Fixkosten der Hochleistungs-Ladestation. Entscheidend für uns ist also nicht, wie viel Strom der Kunde zieht, sondern wie lange er die Station benutzt. Daher rechnen wir hier nach Zeit ab, damit möglichst schnell wieder Platz gemacht wird. Dies ist insbesondere im Interesse des nächsten Kunden. Hotels beispielsweise benötigen jedoch keine Highspeed-Anlagen, sondern preiswerte Wallboxen. Hier sind verhältnismäßig die Stromkosten der treibende Faktor, daher bieten wir Hotels eine Abrechnung zu Kilowattstunden an. Darüber hinaus unterstützen wir Hotels mit Serviceleistungen wie dem abgesicherten Laden, der 24/7-Betreuung und dem Lademanagement.

Elon Musk hat gestern Folgendes getwittert: „Tesla-Supercharger-Kapazität soll sich bis Ende nächsten Jahres verdoppeln. In allen aktiven Märkten wird mit 95 % bis 100 % der Bevölkerung gerechnet.“ Ändern derartige Nachrichten des Tesla-Chefs ihre Vorgehensweise am Markt?

Fischer: Das klassische »Destination Charging« und das Laden entlang der Autobahn sind wichtig, so wie jeder Beitrag für die Elektromobilität. Jede weitere Ladestation in Österreich hat unsere volle Unterstützung. Dennoch wird das öffentliche Laden in der Regel nur die »letzte Meile« darstellen, denn eine 50-kW- und erst eine 350-kW-Ladestation kosten ein Vielfaches von einer Wallbox zuhause oder am Arbeitsplatz. Diese sind nicht nur sehr komfortabel, sondern auch deutlich preiswerter. Unser Hauptgeschäftsmodell ist daher »Managed Infrastructure«, der Aufbau und Betrieb von Ladeinfrastruktur sowie die Verrechnung für Unternehmen. Wir unterstützen daher die Unternehmen, diese wichtige Kundennachfrage für »Laden nebenbei« sicherzustellen.

Was erwarten Sie beide von der Zusammenarbeit?

Fischer: Wir sind sehr stolz auf diese Kooperation, durch die wir als ausführendes Unternehmen für und gemeinsam mit unseren Kunden das Thema Elektromobilität einen weiteren Schritt voranbringen. So leisten wir alle einen wichtigen Beitrag, Lademöglichkeiten in Österreich sinnvoll und intelligent zu erweitern.

Pfarrwaller: Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und auf die Möglichkeit, eine gewisse Standardisierung auch im Markt durchdringend zu managen. Für uns ist es ein weiterer Ausbau unseres Kompetenzlevels, dass wir ein umfassendes Servicepaket und echte Mehrwerte anbieten – weg vom Produkt hin zu Gesamtleistungen.

Herr Fischer, Herr Pfarrwaller, vielen Dank für das Gespräch!

Weitere Informationen unter:

www.rexel.at

www.smatrics.com

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