Abzocke, Chaos, Intransparenz?

Die 4 größten Mythen über das Bezahlen an Ladestationen

von David Lodahl

Das Laden von Elektroautos muss nutzerfreundlicher werden: Die Überarbeitung der deutschen Ladesäulenverordnung sieht neue, einheitliche Bezahlsysteme vor. Gleichzeitig bestehen viele Vorurteile gegenüber der aktuellen Situation: Axel Lauterborn von chargecloud klärt über die vier größten Mythen auf.

Das Laden muss verbraucherfreundlicher werden. Mit diesem Ziel wurde im August 2020 die Änderung der geltenden Ladesäulenverordnung angekündigt. Mit ihrer Erstauflage wurde vor vier Jahren festgelegt, welche Mindestanforderungen jede Ladestation an Technik, Sicherheit und Bedienungsstandards erfüllen muss. Mehr Verbraucherfreundlichkeit möchte das Bundeswirtschaftsministerium mit ihrer Novelle über die Vereinheitlichung eines Systems schaffen: dem Bezahlen.

Abzocke, Chaos, Intransparenz? Tatsächlich stehen die Preis- und Bezahlmodelle der neu entstehenden Infrastruktur immer wieder in den Schlagzeilen. Braucht es hier einheitliche Systeme von oben? „Nein!“, sagt Axel Lauterborn, Gründer und Geschäftsführer der Kölner chargecloud. „Viele Kritikpunkte gehen am eigentlichen Problem vorbei und lassen sich sogar als Mythos aus der Welt schaffen“, so der langjährige Branchen-Experte.

Mythos 1: „Elektroautofahrer wissen nie, wie viel sie eigentlich bezahlen!“

Es ist einer der zentralen Kritikpunkte am aktuellen System: die Intransparenz der beim Ladevorgang entstehenden Kosten. Ein Umstand, an dem Anbieter und Betreiber der Infrastruktur sogar mitverdienen sollen. Dass die Vielzahl verschiedener Preiskomponenten und Marktteilnehmer für Außenstehende zu Verwirrungen führen kann, versteht auch Lauterborn – eine Intransparenz behindere die Verbraucher jedoch nicht: „Sobald sich ein Autofahrer bei einem Anbieter (EMP) anmeldet und so Zugang zu einer Vielzahl von Ladestationen erhält, weiß er, wie sich sein Tarif zusammensetzt. Ob sich die Kosten beispielsweise über Kilowattstunde oder Zeit berechnen, sind ab diesem Zeitpunkt bekannt.“ Auch die Bereitstellung von entsprechenden Apps dient dabei dem Zweck der Transparenz. Selbst bei einer Station ohne Display muss so kein Fahrer einen Ladevorgang zu für ihn unbekannten Konditionen starten. Wie und wo diese Tarife kommuniziert werden, sei demnach neuartig, aber nicht intransparent.

Mythos 2: „Die Möglichkeiten des Ladens ohne vorherige Registrierung sind nicht ausreichend!“

Mit einem Elektroauto laden geht nur mit einer vorherigen Registrierung – eine Aussage, die die heutigen Möglichkeiten der Elektroautofahrer verzerrt, findet Axel Lauterborn. „Auch ohne Registrierung gibt es heute die Option des Ad-hoc-Ladens und dementsprechend auch des Ad-hoc-Bezahlens.“ Sind Bankverbindungen angegeben, können Nutzer bereits jetzt standardmäßig mit SEPA oder Kreditkarte bezahlen. Zusätzliche Bezahloptionen, die darüber hinaus eine Verbesserung der aktuellen Situation bedeuten, sind zudem bei vielen Anbietern und Betreibern in der Entwicklung. „Die Zukunft des bequemen Ladens und Bezahlens wird schon bald greifbarer. Ob Google Pay, Appel Pay oder PayPal – Kritiker, die sagen, dass Kundenfreundlichkeit bedeute, überall mit EC-Karte ohne Registrierung zu bezahlen, vernachlässigen dabei die Bezahloptionen, die tatsächlich für die Fahrer der Zukunft relevant sind“, so Lauterborn. Außerdem enstehe genau dort Intransparenz über die Kosten eines Ladevorgangs: Nur über eine mobile App lassen sich im Vorfeld eines Ladevorganges die Kosten ermitteln. Über eine EC-Karte ist dies nicht möglich.

Mythos 3: „Kreditkartenterminals wären doch die einfachste Lösung!“

Um das Laden so einfach wie das Tanken zu gestalten, seien NFC-Leser, die das Bezahlen mit Kreditkarten ermöglichen, der einfachste Weg. Diese Annahme sorgte im vergangenen Jahr für viel Gesprächsbedarf. Sogar eine entsprechende Änderung der Ladesäulenverordnung, die NFC-Leser zum neuen Standard machen würde, stand kurzzeitig im Raum. Für Lauterborn ein Trugschluss, der entsteht, wenn die Themen der Preisgestaltung und der Bezahlmöglichkeiten miteinander vermengt werden: „Nur die wenigsten Ladestationen in Deutschland besitzen ein Display. Fahren Nutzer eine solche Station an, ist die einzige Möglichkeit für sie, zu wissen, wie hoch sich die Kosten belaufen, das Smartphone. Wer nun mit NFC-Leser an einer solchen Ladestation ohne Registrierung laden würde, wüsste also nicht, wie viel er bezahlt. Möchte man den Vergleich zu Verbrennern weiterhin bedienen, wäre das eine Tankstelle ohne Preise.“ Die jetzigen Ladestationen dementsprechend umzurüsten, verschlinge zudem riesige Kosten, die am Ende der Fahrer zahlen würde. Fakt ist, dass der Ausbau von NFC-Lesegeräten Mehrausgaben zwischen 500 und 1.000 Euro pro Ladepunkt bedeuten würde. Bedenkt man zusätzliche Wartungen, Modernisierungen und Reparaturen, ist die Lösung der Kreditkartenterminals, in einer Branche, die ohnehin noch nicht rentabel ist, schnell als Mythos entlarvt.

Mythos 4: „Die Elektrobranche verkompliziert das Laden und Bezahlen aktiv.“

Die Technologie der E-Mobilität bringt auch bei der Bezahlung viele Prozesse und Komponenten mit sich, die den Verbrauchern noch nicht vertraut sind. Aus welchen Faktoren sich ein Tarif und letztlich der Preis zusammensetzt, kann von den Anbietern aktiv gestaltet und so variiert werden. „Hinter den unterschiedlichen Preismodellen steckt aber nicht das Ziel, das Laden und Bezahlen undurchsichtig zu machen“, so der Experte. „Sie sind vielmehr Folge von einem Markt, der sich noch immer in einer frühen Phase seiner Entstehung befindet. Unsere Kunden testen verschiedene Optionen, um ihr Angebot optimal auf den noch jungen Markt auszurichten. Als Backend-Anbieter machen wir diese Optionen technisch möglich.“ Für die Zukunft bringe dieser Prozess aber auch für die Nutzer Vorteile: „Wenn sich die Anzahl der Anbieter verkleinert, der Markt sich konsolidiert, werden diejenigen überleben, die das transparenteste und attraktivste Preissystem anbieten.“ fasst Axel Lauterborn zusammen.

Quelle: chargecloud GmbH

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