Die Versorgung mit Halbleitern und anderen Vorprodukten verbessert sich – die Folge: Die Autoindustrie verkauft wieder mehr Neuwagen. Die 16 größten Autokonzerne konnten im dritten Quartal ihren Umsatz steigern, im Durchschnitt um 28 Prozent. Der operative Gewinn stieg ebenfalls um 28 Prozent. Die deutschen Hersteller ließen mit einem Gewinnplus von 58 Prozent ihre Wettbewerber aus den USA (plus 38 Prozent) und Japan (plus 2 Prozent) deutlich hinter sich. Sowohl der Gesamtumsatz als auch der Gesamtgewinn der analysierten Unternehmen lagen auf dem höchsten Stand, der je in einem dritten Quartal erreicht wurde.
Beim Umsatz führte im dritten Quartal Volkswagen das Ranking mit 70,7 Milliarden Euro an – vor Toyota mit 66,3 Milliarden Euro. Beim Gewinn lagen Mercedes-Benz (5,2 Milliarden Euro) und Volkswagen (4,3 Milliarden Euro) vorne.
Nachdem der Absatz im weltweit größten Absatzmarkt China im zweiten Quartal noch um knapp ein Viertel geschrumpft war, erwies sich das Reich der Mitte im dritten Quartal als Wachstumsmotor für die Branche: Die Pkw-Verkäufe der Unternehmen kletterten in China um elf Prozent. In den USA gab es insgesamt ein Mini-Wachstum von einem Prozent, in Westeuropa schrumpfte der Absatz um drei Prozent.
Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 16 größten Autokonzerne der Welt, die die Beratungs- und Prüfungsorganisation EY quartalsweise erstellt.
„Die nach wie vor stabile Nachfrage und hohen Preise bescheren der Autoindustrie weiterhin hohe Umsätze und Gewinne“, stellt Axel Preiss, Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY, fest. „Die Verfügbarkeit von Halbleitern wird besser, deshalb nimmt die Pkw-Produktion wieder an Fahrt auf. Trotz der abflauenden Konjunktur und der schwierigen geopolitischen Lage war das dritte Quartal für die Autoindustrie ein Traumquartal.“
Die Herausforderung für die Unternehmen bestehe nun darin, die Preisdurchsetzung möglichst auf dem aktuellen Niveau zu halten, so Preiss: „Rabattschlachten sind nicht nur schlecht für die Marge, sondern auch fürs Image. Wer es schafft, das eigene Produkt begehrenswert und knapp zu halten, braucht keine Rabatte. Bei Premium-Fahrzeugen wird das aber eher möglich sein als im Volumensegment.“ Preiss rechnet daher damit, dass vor allem die Margen von Volumenherstellern im kommenden Jahr tendenziell unter Druck geraten werden: „Die Kaufkraft sinkt, auch in wichtigen Absatzmärkten. Immer weniger Menschen können oder wollen sich ein neues Auto leisten.“
Margenranking: Tesla vor Mercedes und BMW
Bei den Gewinnmargen hatte erneut Tesla die Nase vorn: Der kalifornische Elektroautobauer erzielte eine Marge von 17,2 Prozent und lag damit vor Mercedes-Benz (13,8 Prozent) und BMW (9,9 Prozent). Die Durchschnittsmarge der untersuchten Unternehmen lag mit 7,3 Prozent exakt auf dem Niveau von 2021 und damit deutlich über dem Vor-Pandemie-Niveau: Zwischen 2013 und 2019 hatte die Gewinnmarge der Autokonzerne im Durchschnitt 6,1 Prozent betragen.
Die Profitabilität sei allerdings nicht bei allen Unternehmen gestiegen, betont Preiss. Im Gegenteil: „Die Kluft bei den Margen wird immer größer: Bei den fünf margenstärksten Unternehmen stieg die Durchschnittsmarge im Vorjahresvergleich von 9,1 auf 11,7 Prozent. Bei den fünf margenschwächsten Unternehmen im Ranking sank die durchschnittliche Marge hingegen von 5,5 auf 3,8 Prozent.“
Die Mobilitätswende sei eine Herkulesaufgabe, so Preiss. Die aktuell gute Gewinnsituation helfe, diesen Umbau zu finanzieren: „Der Investitionsbedarf war nie so groß wie jetzt: Das Produktangebot muss in Richtung Elektromobilität umgestaltet werden, die Werke müssen entsprechend umgebaut und die gesamte Wertschöpfungskette angepasst werden. Höhere Gewinne jetzt helfen dabei, diese Transformation in der Zukunft zu stemmen.“
China bietet wieder Wachstumschancen
Gute Zahlen konnten die Autobauer im dritten Quartal aus China vermelden: Auf dem gerade für die deutschen Hersteller besonders wichtigen chinesischen Markt ging es insgesamt um elf Prozent aufwärts, allerdings verzeichneten immerhin acht Unternehmen rückläufige Absatzzahlen. „Auch der Markt in China hat Grenzen – insgesamt ist das Umfeld dort sehr wettbewerbsintensiv und anspruchsvoll“, betont Preiss.
Quelle: EY