Es ist grotesk. Während die Mobilitätswende langsam in Schwung zu kommen scheint und immer mehr Elektroautos auf Österreichs Straßen unterwegs sind, stockt der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Michael Strugl, CEO und Vorsitzender des Vorstands der Verbund AG, und Hauke Hinrichs, Geschäftsführer von Smatrics, zeigten kürzlich auf, welche Maßnahmen aus ihrer Sicht gesetzt werden müssen, um endlich mit Schwung aus den Startlöchern zu kommen.
Von Siawasch Aeenechi
Michael Strugl und Hauke Hinrichs wollen das Tempo erhöhen. Die beiden stellten dieser Tage einen Masterplan vor, der zeigen soll, wie man die Schlagzahl beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge erhöhen kann.
Die Verbund AG und die Ladeinfrastruktur
Michael Strugl über die Bestrebungen vom Verbund, die Ladeinfrastruktur in Österreich auszubauen: „Die Verbund AG trägt durch verschiedene Angebote aktiv zum Ausbau der Ladeinfrastruktur in Österreich bei. Wir liefern Strom aus 100 % erneuerbaren Energien und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zum Umstieg auf die Elektromobilität.“ Zu diesen Angeboten zählen laut Verbund:
· die intelligenten Wallboxen eCharging Easy für das Heim (für 849 €) und eCharging Pro mit einem geeichten Zähler für Ladereports für die Möglichkeit der Abrechnung mit dem Arbeitgeber (1.099 € zuzüglich einer monatlichen Servicegebühr von 9,90 €)
· die Verbund-Ladekarten, die wahlweise erhältlich sind für das Smatrics-Ladenetz oder als Roaming-Paket für verschiedene Anbieter im In- und Ausland (eine Liste mit allen Partnern finden sie hier)
· das Verbund-Business-Charging für Unternehmen; damit können sämtliche Dienstfahrzeuge eines Unternehmens mit einer Verbund-Ladekarte aufgeladen werden und dies, falls gewünscht, während der Arbeitszeit zum Mitarbeitertarif. Auch KundInnen des Unternehmens kann dabei das Laden auf dem Firmenparkplatz zu einem ermäßigten Tarif ermöglicht werden, wobei die Ladungen über eine App aktiviert und gesteuert werden.
Der Masterplan für den rascheren Ausbau der Ladeinfrastruktur
„Es gibt verschiedene Maßnahmen, wie man den Ausbau der Ladeinfrastruktur beschleunigen kann. Auch die Verbund AG und Smatrics wollen mit einem Fünf-Punkte-Masterplan hierzu beitragen“, gab Strugl bekannt. Vorgestellt wurde dieser Masterplan schließlich von Smatrics-Geschäftsführer Hauke Hinrichs. Er führte zunächst aus, dass Österreichs Netz von Ladestationen im europäischen Vergleich zwar gut ausgebaut sei, allerdings verliere man in letzter Zeit an Boden. Um dem entgegenzuwirken, habe man mit der Verbund AG einen Masterplan erstellt. Die einzelnen Maßnahmen im Überblick:
1. Es müssen gesetzliche Rahmen geschaffen werden, um das Eichrecht sinnvoll zu regeln, da die jetzige Situation es nicht erlaubt, die geladenen kWh scharf abzurechnen; es existieren also keine einheitlichen rechtlichen Abrechnungsstandards, derer es aber bedarf, wie in Deutschland.
2. Es müssen einheitliche Standards für die Verteilnetzbetreiber her und diese sollten finanziell und personell gestärkt werden, damit sie sich verstärkt den Herausforderungen der E-Mobilität, wozu v. a. der Ausbau der Ladeinfrastruktur zählt, widmen können.
3. Gemeinden und Kommunen sollten gesetzlich dazu verpflichtet werden, Flächen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zur Verfügung zu stellen.
4. Es bedarf mehrerer Förderungen für die Ladeinfrastruktur, auch damit Private »sich trauen«, Ladepunkte installieren zu lassen. Auch für Unternehmen, die Ladestationen errichten und betreiben, ist es derzeit nicht möglich, mit Gewinn zu wirtschaften. So rechnet Smatrics, dass man in zwei bis drei Jahren schwarze Zahlen schreibt. Dem können Zuschüsse entgegenwirken.
5. Es müssen mehr Fachkräfte im Bereich der IT und Elektrotechnik ausgebildet werden. Darüber hinaus werden der erleichterte Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte für Mangelberufe in diesen Bereichen sowie neue Studiengänge, die auf die Elektromobilität spezialisiert sind, gefordert.
Smatrics, der Schnellladespezialist
Die Verbund AG ist seit August 2021 Eigentümer von Smatrics, nachdem Siemens und OMW ihre Anteile abgegeben haben. Die Energie Baden-Württemberg hat sich 2021 ebenfalls mit 25,1 % am Unternehmen beteiligt. Smatrics betreibt laut eigenen Angaben mit über 450 Ladepunkten, davon 250 Schnellladepunkte, das einzige flächendeckende Hochleistungsnetz in Österreich und ist auch Betreiberin des größten öffentlichen Schnellladenetzes in Deutschland.
Anmerkung des Autors: Ein allgemeiner Kritikpunkt in Betreff der Ladeinfrastruktur sei am Schluss noch angebracht: Es herrscht ein Wildwuchs an verschiedenen Anbietern von Ladestellen mit eigenen Apps und Ladekarten. Dem müsste politisch Einhalt geboten werden, auch wenn der Staat, meist berechtigt, nicht in marktwirtschaftliche Abläufe eingreift. Es gehört ein einheitliches System geschaffen, so dass man an möglichst allen Ladestationen sein E-Auto aufladen kann. Es ist ja auch nicht so, dass man seinen Verbrenner nur an der einen Tankstelle tanken kann und an der anderen nicht. Weiters wären leicht vergleichbare Ladetarife, an den Ladestellen angeschrieben, ebenfalls von Vorteil.
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