Die Elektromobilität wird in Deutschland unter anderem durch die fehlende Ladeinfrastruktur gebremst. Das Ingenieurbüro Fehringer (IBF) aus Dortmund könnte den Ausbau mit einer innovativen Lösung voranbringen: Es hat in Kooperation eine Stromtankstelle entwickelt, die dank der Kombination von Photovoltaik und Speicher rund um die Uhr sauberen Strom zum Tanken bereitstellen kann. WAGO-Technik managt die Schnittstellen und sorgt für eine sichere Datenkommunikation.
Wie soll das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu bringen, noch erreicht werden? Viele Experten haben das Vorhaben bereits als unrealistisch abgehakt, weil bisher zum einen günstige Elektroautos mit annehmbarer Reichweite fehlen und es zum anderen noch viel zu wenig Ladesäulen für die Batterie betriebenen Fahrzeuge gibt: Wer heute mit einem Elektroauto mit einer Reichweite von 200 Kilometern etwa von Dortmund nach Minden und wieder zurück fahren will, muss es zwischendurch laden. Aber wo? Die Reichweitenangst bremst potenzielle Käufer.
Doch die deutschen Autokonzerne gehen jetzt in die Offensive. Gemeinsam wollen BMW, Daimler, Ford sowie Volkswagen mit seinen Töchtern Audi und Porsche Schnellladestationen in ganz Europa bauen. In einem ersten Schritt sollen ab 2017 insgesamt 400 Stromtankstellen entlang der großen europäischen Verkehrsachsen entstehen. Bis 2020 soll so in Europa ein dichtes Stromtankstellennetz aufgebaut und die Elektromobilität angeschoben werden.
Parallel treiben innovative Unternehmen die Entwicklung neuer Tankstellentechnologien mit hohem Einsatz voran. Zu den neuesten Projekten zählt eine Stromtankstelle, an der Elektroautos rund um die Uhr mit sauberer Ökoenergie betankt werden können. Der Ansatz: Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tanke speist die Säulen mit Solarstrom. Produzieren die Solarmodule an sonnigen Tagen mehr Energie als zum Tanken benötigt wird und das Stromnetz aufnehmen kann, fließen die Überschüsse in einen Lithium-Ionen-Batteriespeicher. Dieser speist die Ladesäulen, wenn die Module bei Dunkelheit keine Energie liefern – so können Elektropiloten die Tankstelle jederzeit ansteuern.
Mittagsspitzen entschärft
Entwickelt hat das Konzept das Ingenieurbüro Fehringer aus Dortmund. „Elektromobilität ist das Zukunftsthema. Der Bund will in den kommenden Jahren 300 Millionen Euro in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investieren“, sagt Geschäftsführer Nicolaj Fehringer. Dass dabei auch die Stromtankstelle seines Büros eine Option sein könnte, haben die Fehringer-Ingenieure bereits mit einer Demonstrationsanlage mit 36 Kilowattstunden Speicherkapazität am Unternehmenssitz in Dortmund gezeigt. „Das Zusammenspiel von Stromerzeugung, -speicherung und -beladung funktioniert bei diesem Projekt einwandfrei“, sagt Fehringer. Außerdem entlastet der Solarspeicher das Stromnetz, indem er an sonnigen Tagen gefährliche Mittagsspitzen kappt – ein wichtiger Beitrag in einem Energiesystem, das immer mehr fluktuierende erneuerbare Erzeuger integrieren muss.
Allerdings stellten sich für die IBF-Ingenieure bei der Konzeption der Stromtankstelle viele herausfordernde Fragen: Wie lassen sich die einzelnen Systeme – Solarmodule, Lithium-Ionen-Speicher, Ladesäule und Wechselrichter – effizient an die Leittechnik anbinden. Wie lässt sich ein sicherer Datenaustausch zwischen den einzelnen Komponenten realisieren? Und welche Steuerung ist trotz der hohen technischen Anforderungen kompakt genug, um platzsparend und unauffällig im Schaltschrank untergebracht werden zu können? Beim Kooperationsprojekt, bei dem verschiedene Technologien auf engem Raum zusammengebracht werden müssen, ist Kompaktheit eine wesentliche Anforderung.
Bei der Suche nach einer geeigneten Lösung ist IBF bei WAGO fündig geworden. Die Fernwirk-SPS 750-8207/025-001 übernimmt in der Stromtankstelle das gesamte Kommunikations- und Schnittstellenmanagement. Die Kommunikation zur Leitstelle erfolgt mit dem TCP/IP Protokoll IEC 60870-5-104 über einen VPN Tunnel. „Damit erfüllen wir die Anforderungen der Netzbetreiber und höchste Sicherheitsstandards wie das BDEW-Whitepaper“, sagt Fehringer. Weiterer Vorteil der Fernwirk-SPS: Sie kann dank eines integrierten GSM-Moduls im Rahmen der Betriebsführung sicher SMS und Mails über das Mobilfunknetz senden. Außerdem bietet der Controller zur Fernwirk- und Steuerungsfunktionalität auch eine Visualisierung. Ein integrierter Webserver stellt den Ingenieuren Konfigurationsmöglichkeiten und Statusinformationen zur Verfügung. „Dieses Feature müssten wir sonst zusätzlich beschaffen“, sagt Fehringer. Aufgrund der Erweiterungsmöglichkeit mit seriellen Schnittstellen ist die Kommunikation mit den weiteren Systemen innerhalb der Tankstelle kein Problem. Beispielsweise kommuniziert ein Teilnehmer über Modbus RTU, ein weiterer über ein proprietäres serielles Protokoll. Die Steuerung bietet für alle Aufgabenstellungen die nötige Flexibilität und Zukunftsfähigkeit.
Hightech und Hingucker in einem
Neben den technischen Vorzügen ist die Stromtankstelle auch ein optisches Highlight: Farbige LED-Beleuchtung schafft an der Zapfsäule bei Dunkelheit ein angenehmes Ambiente. „Wir haben großen Wert auf das Gesamtdesign gelegt, denn wo man sich wohl fühlt, verbringt man gerne Zeit“, so Fehringer. Die Kombination von Hightech und Style sorgt bei namhaften Unternehmen bereits für Interesse. „Es gibt hochkarätige Kontakte.“ So könnte es eine Anwendungsmöglichkeit sein, Einkaufen oder Rasten künftig in Kombination mit Tanken anzubieten: Während des Shoppens oder Speisens lädt das Elektroauto. Überschüssige nutzen die betreibenden Unternehmen zur Deckung ihres eigenen Strombedarfs. Für derartige Anwendungen will Fehringer allerdings größere Speicher mit einer Kapazität von 400 Kilowattstunden anbieten.
Ein anderes Geschäftsmodell wäre es, mehrere 400-Kilowattstunden-Speicher zu einer größeren Einheit zusammenzuschließen und im Pool zu betreiben. Dann könnte ihre Leistung den großen Netzbetreibern als Regelenergie verkauft werden, um damit kurzfristige Schwankungen im Übertragungsnetz auszugleichen. Laut Fehringer könnte das System vorrangig sogenannte Primärreserve liefern, die bereits innerhalb von 30 Sekunden im Netz verfügbar sein muss und nicht erst innerhalb von fünf beziehungsweise 15 Minuten wie Sekundär- und Minutenreserve. Die Primärreserve stellt damit gerade an die Fernwirktechnik große Anforderungen, weil sie hohe Mess- und Steuerungsfunktionalitäten voraussetzt. Kein Problem für WAGO: Es hat bereits in diversen Projekten bewiesen, dass es hierfür die richtige Automationslösung zur Hand hat.
Text: Daniel Wiese, WAGO
Foto: IBF GmbH
entgeltliche Einschaltung