Betreffend die Einfuhren batterieelektrischer Pkw mit Ursprung in China:

Antisubventionsuntersuchung der Europäischen Kommission

von Siawasch Aeenechi
Foto: © Mit KI erstellt

Die Europäische Kommission hat am 12. Juni 2024 vorläufige Anti-Subventionszölle auf batterieelektrische Fahrzeuge aus China angekündigt. Das erklärte Ziel, faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten und die heimische Industrie vor unfairen Praktiken zu schützen, wird damit nicht erreicht werden. Die geplanten Zölle erschweren den erfolgreichen Hochlauf der Elektromobilität und somit die Dekarbonisierung und das Erreichen der Pariser CO2-Klimaziele, zu denen sich die deutsche Automobilindustrie auch im Rahmen des Green Deals bekannt hat. Zudem schaden sie sowohl europäischen Verbrauchern als auch europäischen Unternehmen. Sie sind daher nicht im Interesse der Europäischen Union.

Konstruktiver Dialog zwischen der EU und China erforderlich

Die Europäische Kommission sollte auf die angekündigten Anti-Subventionszölle verzichten und eine Verhandlungslösung mit China finden. Wir begrüßen ausdrücklich den zwischenzeitlich bereits stattgefundenen gemeinsamen Dialog zwischen Brüssel und Peking. Entscheidend ist dabei, dass dieser eingeleitete Dialog auch ernsthaft geführt wird. Die Entscheidungsträger auf europäischer wie auf chinesischer Seite müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und faire Wettbewerbsbedingungen für alle wirtschaftlichen Akteure schaffen, die den Zielen der Transformation dienen.

Dabei gilt es auch, den Zugang zu kritischen Rohstoffen langfristig abzusichern, beidseitig sektorenübergreifend Marktzugangshemmnisse abzubauen und Transparenz über die jeweilige Handels- und Subventionspolitik herzustellen. Der Austausch über diese Themen könnte beispielsweise in einem europäisch-chinesischen Handelsrat institutionalisiert werden, um konstruktiv an den Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Beziehungen in beidseitigem Interesse zu arbeiten.

Negative Auswirkungen auf Unternehmen und den Produktionsstandort Europa

Die europäischen Anti-Subventionszölle würden nicht nur chinesische Hersteller treffen, sondern insbesondere auch europäische Unternehmen bzw. deren Joint Ventures. Denn: Ein großer Teil der Fahrzeugimporte aus China in die EU erfolgt von europäischen und amerikanischen Herstellern. Die angekündigten Anti-Subventionszölle sind für europäische Unternehmen teilweise sogar höher als für chinesische. Die Kooperation und Produktion europäischer Hersteller in China sind ein wichtiger Baustein für die Transformation und die Wettbewerbsfähigkeit in Europa. Die EU hat im internationalen Handel stets von ihrer Offenheit profitiert. Insbesondere Deutschland weist im automobilen Handel mit China einen deutlichen Überschuss aus: Aus Deutschland wurden im Jahr 2023 Pkw im Wert von 15,1 Mrd. Euro nach China exportiert. Die Importe von Pkw hatten einen Wert von 4,0 Mrd. Euro. Die Automobilzulieferer exportierten im Jahr 2023 Teile im Wert von 11,2 Mrd. Euro nach China, während Teile im Wert von 2,8 Mrd. Euro aus China importiert wurden. China ist damit für Exporte von in Deutschland produzierenden Zulieferern der größte Exportmarkt.

Das Risiko einer Eskalation des Handelskonflikts ist real

Die Einführung von Anti-Subventionszöllen wird zu Gegen- und Vergeltungsmaßnahmen führen und birgt das reale Risiko einer Eskalation des Handelskonflikts mit China. Bereits kurz nach Ankündigung der EU-Untersuchung leitete die chinesische Regierung ein Anti-Dumpingverfahren gegen französischen Branntwein ein. Seit kurzem läuft auch eine Untersuchung gegen europäisches Schweinefleisch. Die Beispiele zeigen, wie schnell sich der Konflikt auf andere Sektoren überträgt und nicht kalkulierbare Schäden anrichten kann. Eine negative Spirale von Handelskonflikten würde in einer „Lose-lose“-Situation resultieren, in der beide Seiten wirtschaftlichen Schaden erleiden, ohne dass in der Sache eine konstruktive Lösung erreicht wird. Auch ohne die Einführung von zusätzlichen Zöllen kann die EU ihre berechtigten Interessen wahren und in Gesprächen anstehende Herausforderungen thematisieren. Das ist in den Regeln der Anti-Subventionsverordnung so vorgesehen und WTO-konform.

Potenzielle chinesische Gegenmaßnahmen können enormen Schaden anrichten

Chinesische Gegenmaßnahmen könnten die europäische Wirtschaft empfindlich treffen, insbesondere exportorientierte Branchen. Die im Raum stehende Erhöhung von Einfuhrzöllen auf Fahrzeuge mit Motoren mit über 2,5 Liter Hubraum würde die europäische Automobilproduktion empfindlich treffen. Aus Deutschland wurden im Jahr 2023 von den deutschen Herstellern 216.299 Pkw nach China exportiert, rund ein Drittel dieser entfiel auf Fahrzeuge mit einem Hubraum von über 2,5 Liter. Zusätzlich exportierten allein die deutschen Hersteller im Jahr 2023 etwa 48.000 Pkw mit über 2,5 Liter Hubraum aus EU-Produktionsstätten außerhalb Deutschlands (Slowakei, Österreich, Italien).

Insgesamt war China im Jahr 2023 in Stückzahlen nach den USA und dem Vereinigten Königreich der drittgrößte Exportmarkt für Pkw aus Deutschland. Jeder für zusätzliche Zölle ausgegebene Euro fehlt bei den immensen Investitionskosten für die erforderliche Transformation in Europa. Zudem würde sich der Konflikt mit Sicherheit auch auf deutsche und europäische Zulieferer auswirken. Momentan ist China der größte Abnehmer von Exporten deutscher Zulieferer.

Die Transformation wird ausgebremst

Mit dem Hochlauf der Elektromobilität zur Erreichung der Klimaneutralität im Verkehrssektor in der EU ist verbunden, dass die europäische Automobilindustrie auf Rohstoffe und (Batterie-)Technologien aus Drittländern, v. a. aus China, angewiesen ist. Dafür sind offene Märkte und konstruktive Handelsbeziehungen essenziell. Die Anti-Subventionszölle würden Elektrofahrzeuge auf dem europäischen Markt verteuern oder dafür sorgen, dass sie gar nicht erst auf den Markt kommen. Die Verfügbarkeit günstiger Elektrofahrzeuge für Kunden wird dadurch eingeschränkt und der ohnehin stockende Hochlauf der Elektromobilität weiter erschwert. Dies ist weder im Sinne der europäischen Verbraucher noch entspricht es den Zielen des Green Deals.

Keine „Überschwemmung“ des Marktes durch chinesische BEVs zu erwarten

Prognosen deuten darauf hin, dass mittel- bis langfristig keine übermäßige Marktdurchdringung chinesischer batterieelektrischer Fahrzeuge zu erwarten ist. Analysen von S&P (AutoInsight) für das Jahr 2030 gehen zum aktuellen Zeitpunkt davon aus, dass sich der Marktanteil chinesischer Hersteller am Gesamt-Pkw-Markt in Europa im Bereich von 5 bis 10 Prozent einpendeln wird. Anders als etwa bei Solarpaneelen ist die Markenbindung bei Automobilen deutlich ausgeprägter. Eine weitere Zahl unterstreicht die Marktverhältnisse: Deutsche Hersteller haben im Jahr 2023 in China etwa 10-mal so viele E-Pkw verkauft wie chinesische Marken in Deutschland und etwa 100-mal so viele Pkw insgesamt. Der Marktanteil der deutschen Hersteller auf dem Elektromarkt in China ist in etwa so hoch wie der Marktanteil der chinesischen OEM auf dem Markt für Elektro-Pkw in Europa, letzterer ist jedoch nicht einmal halb so groß wie der chinesische Markt.

Zölle stärken nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie

Wettbewerbsfähigkeit entsteht durch Wettbewerb. Anti-Subventionszölle sind keine adäquate Maßnahme, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz langfristig zu stärken. Vielmehr sollten andere Strategien verfolgt werden, um die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu fördern – beispielsweise durch den Abschluss von Freihandelsabkommen, die gezielte und unbürokratische Förderung von Forschung und Innovation sowie durch eine technologieoffene und kohärente Politikausrichtung. Auch entsprechen Handelsbeschränkungen nicht dem Anspruch der EU auf Marktzugang in Drittmärkten.

Weitere Informationen: www.vda.de

Quelle: Verband der Automobilindustrie e.V.

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