Mercedes startet in die Elektrooffensive

Elektromobilität im Härtetest

von David Lodahl

Mit Vorserienfahrzeugen des GLC F-CELL, dem weltweit ersten Elektrofahrzeug, das Brennstoffzellen- und aufladbaren Plug-in-Batterieantrieb kombiniert, hat das Unternehmen auf der IAA 2017 einen Meilenstein auf dem Weg zum emissionsfreien Fahren präsentiert.

2019 kommt mit dem EQC das erste rein batterieelektrische Mercedes-Benz Serienmodell der neuen Produkt- und Technologiemarke EQ auf den Markt. Auf dem Weg zur Serienreife haben jetzt Prototypen die Wintererprobung in Nordschweden absolviert.

Bevor ein neues Modell von Mercedes-Benz in Produktion geht, muss es harte und umfangreiche Prüfungen überstehen: Neben der Wintererprobung in Nordschweden finden natürlich auch Sommererprobungen im Süden Europas und den USA sowie weltweite Straßendauerläufe statt.

Seit Jahrzehnten testet das Unternehmen jedes neue Modell unweit des Polarkreises unter Extrembedingungen – bei eisigen Temperaturen von bis zu minus 35 Grad Celsius, schneebedeckten Straßen und auf dem blanken Eis zugefrorener Seen. Hierzu hat Mercedes-Benz im kleinen nordschwedischen Ort Arjeplog in Lappland ein Testzentrum eingerichtet. Neben der Straßenerprobung im hohen Norden wird hier auf speziell eingerichteten Prüfstrecken getestet. Fordernde Hügelauffahrten mit bis zu 20 Prozent Steigung, Teststrecken mit unterschiedlichen Reibbeiwerten, Handlingparcours und Kreisbahnen auf dem nahezu blanken Eis des zugefrorenen Sees bilden maximale Anforderungen an die Antriebs- und Regelsysteme.

In der Absicherung des Gesamtfahrzeugs gehören über 500 Einzeltests zum Versuchsprogramm eines neuen Modells bei Mercedes-Benz. Bei Elektrofahrzeugen kommen zum Standardprocedere noch etliche antriebsspezifische Tests hinzu, die speziell für die neuen Antriebstechnologien entwickelt wurden. Neue Herausforderungen bei einem Elektrofahrzeug sind beispielsweise die Leistungsabgabe des Elektromotors beim Kaltstart und mit durchgekühlter Batterie, das Kaltstartverhalten einer Brennstoffzelle (Stack), die Reichweite im Kundenfahrbetrieb, das Handling von Ladekabeln, die Vorklimatisierung und die Betriebsstrategie samt Rekuperation. Hinzu kommen die besondere Abstimmung der Fahrdynamik und des ESP Systems.

Um unterschiedliche Kundenanforderungen und Ladeprofile bei der Batterieladung testen zu können, steht im Testzentrum in Arjeplog die gesamte Palette an Lademöglichkeiten zur Verfügung: von der einfachen Haushaltsteckdose über Wallboxen bis hin zu Schnellladestationen. Auch für die Wasserstoffversorgung ist natürlich gesorgt.

Kurzinterview

Fünf Fragen an Michael Kelz (58), Chefingenieur EQC.

Herr Kelz, Sie hatten schon die Gelegenheit, einen Vorserien-EQC zu fahren. Kurz und knapp, wie sind die Fahreindrücke?

Kelz: Einerseits dynamisch und kraftvoll und andererseits ist er ein leiser Gleiter. Das ist eine neue, auch für uns Entwickler zunächst ungewohnte Kombination. Der Vorserien-EQC bietet ein sehr sicheres Fahrgefühl und macht zugleich so viel Spaß, dass er seinem Fahrer stets ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Mercedes-Benz verfügt ja bereits über viel Erfahrung bei batterieelektrischen Fahrzeugen. Konnten Sie darauf aufbauen?

Kelz: Natürlich ist in den neuen EQC all unsere langjährige Erfahrung mit Elektroautos eingeflossen. Aber es stecken auch viele Innovationen in ihm – der EQC ist für uns entwicklungstechnisch ein Meilenstein.

Welche Innovationen und Neuerungen meinen Sie da konkret?

Kelz: In Sachen Power, Sportlichkeit und Nutzwert wird der EQC ein absolutes Highlight. Auch das Fahrgefühl wird unsere Kunden sicherlich begeistern – nicht zuletzt aufgrund seines Allradantriebs, den wir übrigens hier in Schweden auf den zugefrorenen Seen ganz besonders gut abstimmen können. Hinzu kommen innovative Lösungen unter anderem bei Telematik und Konnektivität sowie beim Laden. Mit dem EQC beginnt wirklich eine ganz neue Ära der Elektromobilität bei Mercedes-Benz.

Worum ging es sonst noch bei der Wintererprobung im hohen Norden?

Kelz: Neben der Fahrdynamik auf Schnee und Eis geht es bei einem Elektroauto in der Wintererprobung natürlich vor allem darum, wie gut sich das Batteriesystem und der Antriebsstrang bei eisigen Temperaturen bewähren. Hinzu kommen aber auch ganz klar Effizienz- und Komfortaspekte wie zum Beispiel bei der Klimatisierung, die ganz entscheidend sind für die Reichweite. Unsere wichtigsten Lernerfahrungen in Schweden basieren darauf, dass wir hier mit den Testfahrzeugen und Prototypen immer wieder auch unerwartete Situationen erleben können und Erfahrungen machen, die in der Simulation heute noch nicht vorauszusehen sind.

Was sind die nächsten Schritte in der Entwicklung des EQC?

Kelz: Aktuell sind wir schon sehr weit: Mechanisch ist das Auto bereits in einem sehr guten Zustand, und so konzentrieren wir uns jetzt auf das Feintuning bevor das Fahrzeug in den Markt eingeführt wird.

Bild: Daimler AG
Bild: Daimler AG
Bild: Daimler AG

Quelle: Daimler AG

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