Innovative E-Mobility-Plattform mit neuen Funktionen:

Elektromobilität goes digital

von Sandra Eisner

Als Elektroautofahrer immer und überall laden können: Das ist die Mission von Hubject. Realität wird diese mithilfe der offenen eRoaming-Plattform des Unternehmens, dem intercharge-Netzwerk. Wodurch sich dieses auszeichnet? Lesen Sie selbst.

Die Plattform des Berliner Elektromobilitätsunternehmens, die gemeinsam mit dem Wiener IT-Dienstleister Qualysoft entwickelt wurde, verbindet mittlerweile über 300 Automobilunternehmen, Energieversorger und IT-Unternehmen in 26 Ländern und gilt somit als Fundament des weltweit größten anbieterübergreifenden Ladenetzes für Elektroautos. Seit November 2017 steht für alle Partner im Ladenetz von Hubject ein neues IT-System zur Verfügung. Doch damit nicht genug: Auch QMotion geht als neue, eigenständige Brand von Qualysoft ins Rennen: Die Business Line setzt auf umfassende strategische Beratung für E-Mobility, End-to-End-Lösungsdesign und die komplette Implementierung der Systeme. Somit soll den Kunden die perfekte Kombination aus E-Mobility-Know-How und langjähriger Erfahrung mit exzellenter IT-Architektur geboten werden. Wie sich dies im Detail darstellt, erklärten uns Awi Lifshitz, Head of eMobility Services bei Qualysoft, der auch der neugegründeten Business Line QMotion vorsteht, und Thomas Daiber, Geschäftsführer bei Hubject.

Thomas Daiber (CEO Hubject) und Awi Lifshitz (Head of E-Mobility, Qualysoft GmbH / Head of QMotion) bereiten sich auf den Markthochlauf und die zunehmende digitale Vernetzung der Elektromobilität vor. (Bild: Hubject GmbH)

Mit der Neuentwicklung der Plattform bereitet sich Hubject auf die zunehmende digitale Vernetzung der Elektromobilität vor. Gibt es ein Geschäftsmodell hinter der Plattform? Wie sieht dieses aus? 

Awi Lifshitz: QMotion hat für Hubject einen IT-basierten B2B-Servicemarktplatz geschaffen, welcher hunderte von Ladestationsbetreiber und Fahrstromanbieter zu einem einheitlichen digitalen Ladenetz vereint.

Thomas Daiber: Das Hubject-Geschäftsmodell skaliert mit der Anzahl von Elektroautofahrern, die von unseren Kunden, wie z.B. Automobilunternehmen, Energieversorgern oder Tech-Startups, mit Hubject-kompatiblen Ladekarten und Apps ausgestattet werden. Unsere Partner danken uns das mit einem kleinen monatlichen Obolus für jeden Endkunden, der unseren Service nutzt. Gleichzeitig profitiert unser Partnernetzwerk von jedem neuen Partner, der sich unserem Ladenetz, dem sogenannten intercharge-Netzwerk, anschließt. Dieser Netzwerkeffekt erlaubt uns exponentielles Wachstum.

Zum Thema »immer und überall laden«: Bilden nicht einen Großteil der Ladeinfrastruktur private Ladestationen? Wie wird dies gehandhabt?

Daiber: Das ist korrekt, wir gehen davon aus, dass ein Großteil der Ladevorgänge auf privatem Grund stattfindet. Diese Tatsache ändert allerdings nichts daran, dass öffentliche Ladeinfrastruktur trotzdem gebraucht wird und für jeden Elektroautofahrer einfach zugänglich sein muss. Zusätzlich sollte man zwischen urbanen und ländlichen Gegenden unterscheiden. In Ballungsräumen ist es mangels Garagen oft nicht möglich, private Ladeinfrastruktur zu installieren. Hier müssen ausreichend öffentlich zugängliche Ladestationen errichtet werden, die in anbieterübergreifende Ladenetzwerke, wie intercharge, eingebunden sind. Dasselbe gilt für Ladeinfrastruktur an Autobahnen oder Einkaufszentren.

Lifshitz: Nichtsdestotrotz sehen wir aufgrund der rasanten technischen Entwicklung im privaten Bereich mittelfristig eine Verschmelzung von öffentlicher und privater Ladeinfrastruktur. Private Besitzer einer Wallbox werden so die Möglichkeit haben, ihre Lademöglichkeit auch Dritten zugänglich zu machen.

Wie funktioniert das weltweit anbieterübergreifende Ladenetz – benötigt man hierbei (zukünftig) nur mehr eine (gemeinsame) Ladekarte?

Lifshitz: Einfach und überall laden ist das klare Ziel fast aller Teilnehmer, denn nur so besteht eine Grundvoraussetzung für die Konsumenten, sich für EVs zu entscheiden. Noch ist das jedoch nicht der Fall, dazu müssen das Verständnis und der Wille mancher Marktteilnehmer noch nachgeschärft werden. Und oft sind »banale« technische Schwierigkeiten noch anzutreffen, bspw. kein Netzempfang in einer Garage.

Daiber: Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass man bald überall auf der Welt mit einer Ladekarte oder App laden kann. In vielen europäischen Ländern ist das heute schon möglich, in USA und China fangen wir gerade erst an. Wir gehen davon aus, dass spätestens in zwei bis drei Jahren jeder Elektroautofahrer überall problemlos laden kann.

Welche Mehrwertservices stehen durch die neue Plattform zur Verfügung?

Lifshitz: Die Architektur der Plattform erlaubt es, sehr rasch neue Innovationen und Mehrwertdienste anzudocken und auf den Markt zu bringen, das gilt selbstverständlich für Hubject selbst und für die anderen Marktteilnehmer und Partner der Plattform genauso.

Daiber: Wir machen neben dem Laden und Bezahlen auch das Auffinden von Ladestationen einfacher. Dazu sammeln wir Geodaten von Ladestationsbetreibern, wodurch der Elektroautofahrer schließlich Ladestationen unterschiedlichster Betreiber bequem reservieren und auffinden kann. Da wir ausschließlich mit Echtzeitdaten arbeiten, weiß unsere Plattform auch immer, welche Ladestation gerade belegt oder frei ist. Weiterhin können wir auch Sensoren anbinden, um zu ermitteln, ob der Parkplatz vor der Ladestation ggf. blockiert ist – ein Problem, das man als Elektroautofahrer leider noch viel zu häufig hat. Wir haben kürzlich auch das Laden und Bezahlen ohne Ladekarte und App über »Plug&Charge« nach dem weltweiten ISO15118-Standard eingeführt. Wir tun alles dafür, um es den Fahrern von Elektrofahrzeugen so einfach wie möglich zu machen.

Awi Lifshitz über die neue Business Line QMotion: „Das gesamte Geschäft rund um Elektromobilität ist digital und damit großteils Neuland für Automobilhersteller und Energieversorger.“ (Bild: Qualysoft GmbH)

Was bedeutet die »Microservice-Architektur« der Plattform?

Lifshitz: Bis vor einiger Zeit waren IT-Systeme zumeist als monolitische Gesamtkunstwerke konzipiert. Die vielen Abhängigkeiten unterschiedlicher Funktionalitäten im System führten dazu, dass die IT-Architektur oft sehr träge und fehleranfällig war. Micro-Services funktionieren unabhängig voneinander, was uns dabei hilft, agiler zu entwickeln und einzelne Services völlig getrennt voneinander zu bearbeiten und hochzufahren. Wir können sozusagen jetzt also auch während der Fahrt die Reifen wechseln. Hinzu kommt, dass dank der Microservice-Architektur deutlich flexibler skaliert werden kann, und die Integration neuer Services in die Plattform ist deutlich einfacher. So wird man nicht nur den Anforderungen heutiger, sondern auch zukünftiger Geschäftsmodelle gerecht.

Welche Energieanbieter sind durch die Plattform verbunden? Wird hierbei die eigene Infrastruktur berücksichtigt?

Daiber: Insgesamt haben sich bereits mehr als 350 Unternehmen unserem Netzwerk angeschlossen. Dazu zählen mehr als 200 Energieversorger, von großen Spielern wie innogy, e.on oder Fortum bis zu hunderten kleinen und mittelgroßen Stadtwerken. So wurden z.B. in Österreich im Rahmen der BEÖ-Kooperation die Energie AG Power Solutions, Energie Burgenland, Energie Graz, Energie Steiermark, EVN AG, IKB, Kelag, Linz AG, die Salzburg AG, VKW und die Wien Energie GmbH an Hubjects eRoaming-Plattform angebunden.

Wird es zukünftig bei Mehrfachladung durch die bekanntermaßen unterdimensionierten Leitungen und Netze keinen Spannungsabfall geben?

Daiber: Wir gehen davon aus, dass intelligente Energiemanagementsysteme zukünftig in der Lage sein werden, die von Elektrofahrzeugen verursachte zusätzliche Last optimal zu verteilen. Ein intelligentes Lastmanagement ist jedoch nur möglich, wenn von der Energieerzeugung bis zum Elektrofahrzeug ein digital vernetztes Ökosystem geschaffen wird, um das bestehende Energieangebot nachfrageorientiert und effizient zu steuern. Als nächster großer Schritt glauben wir bei Hubject daran, dass Elektrofahrzeuge zukünftig sogar einen wichtigen Beitrag zur Netzoptimierung leisten können, da sie Energie in Zeiten von Überkapazität speichern und diese bei Bedarf wieder abgeben können. Dadurch entstehen auch sehr spannende neue Geschäftsmodelle.

Welche Vorteile bieten sich denjenigen, die ihre Autoakkus als Zwischenspeicher zur Verfügung stellen?

Daiber: In Zukunft könnten Elektroautofahrer, die Ihre Autoakkus als Zwischenspeicher zur Verfügung stellen, diesen Dienst monetarisieren. Das heißt, dass Sie die zwischengespeicherte Energie zu bedarfsintensiven Zeiten wieder an das Stromnetz »zurückverkaufen«. Dies führt nicht nur zu einer Dezentralisierung der Energiebranche, sondern öffnet auch die Tür für ein breites Spektrum an digitalen Services und Businessmodellen. Durch die Kanalisierung und Steuerung dieser zusätzlichen Energie mithilfe eines virtuellen Kraftwerks können Energie- und somit auch Ladepreise künftig verringert werden.

Lifshitz: Heute bereits liefert Mitsubishi bspw. die Möglichkeit des bidirektionalen Ladens. Dazu muss jedoch auch die Ladestation in der Lage sein, Strom aufzunehmen. Ich denke, vor allem bei Privathaushalten können da in Nahezukunft »quick wins« erzeugt werden.

Wann wird dieses Szenario (Akku als Zwischenspeicher) praxistauglich sein?

Daiber: Um Elektroautos tatsächlich als Zwischenspeicher verwenden zu können, muss eine kritische Masse an Fahrzeugen erreicht werden, die gleichzeitig ans Stromnetz angeschlossen sind. Dann kann die Energie von virtuellen Kraftwerken verwaltet und entsprechend der Nachfrage gespeichert und später eingespeist werden. Dieses Ziel ist mit der derzeitigen Zahl von gerade mal über 100.000 E-Autos auf deutschen Straßen, bzw. ca. 18.000 in Österreich, noch lange nicht erreicht. Das Konzept des »Elektroauto-Speichers« wird wohl in drei bis fünf Jahren serienreif.

Wie werden tageszeitabhängige Stromtarife berücksichtigt?

Daiber: Dank der neuen Plattform ist es uns jetzt möglich, flexible und dynamische Preise einzuspeisen. Das bedeutet, dass Ladestationsbetreiber je nach Tageszeit unterschiedliche Tarife an den Elektroautofahrer weitergeben können. Mit unserem neuen Produkt intercharge Billing können diese dann im nächsten Schritt auch automatisiert pro Fahrstromanbieter abgerechnet werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

www.qualysoft.com

www.qmotion.solutions

www.intercharge.eu

www.hubject.com

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