Hohe Strompreise, Abhängigkeit vom Kohlestrom und schlechte CO2-Bilanzen machen Deutschland zu schaffen

Deutschland verliert Vorreiterrolle

von David Lodahl

Neuer Energiewende-Index von World Economic Forum und McKinsey: Trotz guter Rahmenbedingungen schneidet Deutschland nur mittelmäßig im internationalen Ranking ab – Hohe Strompreise, große Abhängigkeit vom Kohlestrom und schlechte Bilanz beim CO2-Ausstoß.

Beim Thema Energiewende hat Deutschland im internationalen Vergleich seine Vorreiterrolle verloren. Trotz stabiler politischer Rahmenbedingungen und hoher Wirtschaftskraft wird das zentrale Klimaziel – die Reduktion des CO2-Austoßes bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40% -klar verfehlt. Gleichzeitig liegen die Strompreise für Haushalte und Industrie in Deutschland um rund 50% über dem Durchschnitt von 114 untersuchten Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt der neue globale Energiewende-Index (Energy Transition Index, ETI), der am Mittwoch beim Weltwirtschaftsforum (WEF on Latin America) in São Paulo (Brasilien) vorgestellt wurde. Die Unternehmensberatung McKinsey & Company hat dafür in Zusammenarbeit mit dem WEF den Status der Energiewende in 114 Ländern anhand von 40 Indikatoren ermittelt.

Im ETI-Gesamtranking belegt die Bundesrepublik Platz 16. Allerdings schneiden im europäischen Vergleich gleich elf Länder besser ab als Deutschland, darunter der weltweite Spitzenreiter Schweden, Norwegen, die Schweiz, Finnland, Dänemark, Österreich sowie Großbritannien und Frankreich. Der Index zeigt: Deutschland steht vor größeren energiewirtschaftlichen Herausforderungen als viele andere Länder. Besonders deutlich wird dies mit Blick auf den Indikator „Struktur des Energiesystems“. Hier belegt Deutschland Platz 110 von 114. Das liegt vor allem an Deutschlands Abhängigkeit vom Kohlestrom: Dessen Anteil beträgt immer noch 42% – auch weil er seit der Entscheidung zum Kernenergieausstieg einen hohen Beitrag zur Grundlastversorgung leistet. In der Kategorie „Umwelt- und Klimaschutz“ kommt Deutschland weltweit nur auf Platz 61 – hauptsächlich wegen seines hohen CO2-Ausstoßes. Die Emissionen in Deutschland betrugen zuletzt 906 Mt. Damit stagniert der Wert seit 2014 auf unverändert hohem Niveau.

Hohe Strompreise – sehr gute Versorgungssicherheit:

Bei der „System Performance“, die den Fortschritt der Energiewende in den Dimensionen Umwelt- und Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit misst, landet Deutschland nur auf Platz 44 – noch hinter Ländern wie Paraguay, der Slowakei oder Indonesien. Verantwortlich hierfür sind unter anderem die hohen Strompreise für Privathaushalte (Platz 82) und kleinere Industriekunden mit einem Verbrauch von weniger als 500 MWh pro Jahr (Platz 110). Deutsche Privathaushalte zahlen aktuell 30,8 ct/kWh und damit 46,6% mehr als ihre europäischen Nachbarn. Industriestrompreise stiegen in Deutschland zuletzt um 0,7%, während in Europa die Preise um 0,5 % sanken. Das hiesige Preisniveau von 9,72 ct/kWh liegt nun 14,8 % über dem europäischen Durchschnitt. In der Dimension „Versorgungssicherheit“ zählt Deutschland mit Platz 14 weiterhin zu den besten Ländern der Welt.

Deutschland kann viel von Dänemark und Großbritannien lernen:

Länder wie Dänemark (Platz 5 im ETI) oder Großbritannien (Platz 7) haben ihre Kohleabhängigkeit in den vergangenen Jahrzehnten mit großem Erfolg reduziert: Dänemark von 91% auf 28% und Großbritannien von 65% auf 9%. Gleichzeitig erhöhten sie die Anteile flexibler Erzeugung durch Gas und Wasserkraft. Dänemark ist es gelungen, seine CO2-Emissionen pro Kopf innerhalb von zehn Jahren um fast 44% zu senken – Deutschland um 6,5%. Dänemark hat dies ohne Kernenergie oder den Rückgriff auf substanzielle Wasserkraftressourcen erreicht. Großbritannien punktet insbesondere beim Indikator „Umwelt und Nachhaltigkeit“ und hat zudem ein flexibles Stromsystem aufgebaut. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählt seit 2013 ein nationaler CO2-Mindestpreis, der auf Emissionen in der Stromerzeugung erhoben wird und bis heute über dem Preis des Europäischen Emissionshandels liegt, sowie der im Jahr darauf eingeführte Kapazitätsmarkt, der den Erhalt und Ausbau von flexiblen Kraftwerken unterstützt. Beide Maßnahmen ergänzen sich gegenseitig und stützen den 2015 beschlossenen Kohleausstieg bis 2025.

 

Quelle: Presseportal.de

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